Boso

Boso

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Boso [1]

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt zu einem Zeitpunkt zwischen 825 und 828 [2]
Tod 11. Januar 887 [3]
Profession zu einem Zeitpunkt zwischen 879 und 887 [4]
Heirat 876 [5]

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder

\
Heirat Ehepartner Kinder
876
Ermengard

Notizen zu dieser Person

Boso König vonNieder-Burgund (879-887) ------- Herzogvon Italien und der Provence 825/28-11.1.887 Graf von Vienneund Autun Begraben: Vienne, Kathedrale St. Mauritius Sohn des Grafen Buvin von Metz, Abt von Gorze und der Richardis vonArles, Tochter von Graf Boso Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 477 ******************** Boso von Vienne, König der Provence 15.10.879-7.1.888 ---------------------- + 11. Januar 888 Begraben: Vienne, Kathedrale St. Mauritius Sohn des lothringischen Grafen Biwin, Neffe des Laienabtes Hukbert vonSt-Maurice d?Agaune und der Gemahlin Lothars II., Theutberga, sowieBosos, eines Grafen in Italien, stieg durch die Vermählung seinerSchwester Richilde mit KARL DEM KAHLEN (22. Januar 870) im Dienst desKönigs zu hohen Ehren auf. 869 erhielt Boso von Vienne die AbteiSt-Maurice zugesprochen, 870 setzte ihn KARL an Stelle des verdrängtenGrafen Gerhard ("von Rousillon") als Grafen von Vienne ein, 872bestellte er ihnn zum Kämmerer und magister ostiariorum für seinenSohn Ludwig, den Unterkönig von Aquitanien, übertrug ihm dieVerwaltung dieses Reiches und gab ihm honores des Grafen Gerhard vonBourges. Im Herbst 875 begleitete Boso KARL nach Italien und erhieltwohl zu dieser Zeit die Provence. Auf der Reichsversammlung in Pavia(Februar 876) zum Herzog, sacri palatii archiminister und missus fürItalien bestellt und mit der Herzogskrone bekrönt, hatte Boso einevizekönigliche Stellung inne, die durch seine Vermählung mitErmengard, der Tochter LUDWIGS II., noch erhöht wurde. 877 gehörteBoso zu jenen westfränkischen Großen, die KARLS zweiten Italienzugmißbilligten, sich gegen den Kaiser verschworen und nach dessen Tod(6. Oktober 877) den Nachfolger Ludwig II. den Stammler zurAnerkennung ihrer Herrschaftsrechte zwangen. 878 begleitete Boso PapstJohannes VIII. zur Synode nach Troyes (September), auf welcher derPapst König Ludwig II. um Unterstützung in Italien bat. Johannes VIII.erkor Boso zum filius adoptivus, scheint aber nicht ihn, sondernLudwig II. zum Kaiserkandidaten nominiert zu haben (J. Fried). BeimTode Ludwigs II. (10. April 879) unterstützte Boso mit anderenwestfränkischen Großen die alleinige Nachfolge des ältesten Sohnes,Ludwigs III., doch sagte er sich schließlich, legitimistische Gründevorschützend, von den beiden Söhnen Ludwigs II. los. Im Juli 879nannte er sich, seine unabhängige Stellung damit umschreibend: "BosoDei gratia id quod sum" (Poupardin, Actes, Nr. 16). Der Episkopat unddie Großen des Rhone-Saone-Raumes wählten ihn am 15. Oktober 879 inMantaille als Nachfolger Ludwigs II. Die erste "freie" Wahl einesNicht-KAROLINGERS, in enger Anlehnung an die Bischofswahl vollzogen,wurde durch das Prinzip der Ideoneität legitimiert. Bosos Königreichumfaßte die Kirchenprovinz Arles, Aix, Vienne, Lyon (ohne Langres),wahrscheinlich Besancon, sowie die Diözese Tarentaise, Uzes undViviers. Nach der Reichsteilung von Amiens (März 880) zogen LudwigIII. und Karlmann gegen Boso, eroberten Macon und die nördlichenGebiete von Bosos Königreich, vereinigten sich mit KARL III. undbelagerten gemeinsam Vienne (August-November 880), das jedoch erst beieiner zweiten Belagerung (August-September 882) durch Bosos BruderRichard den Justitiar, den Grafen von Autun, erobert wurde. Boso bliebbis zu seinem Tode auf die unmittelbare Umgebung von Vienne, den Kernseiner Herrschaft, beschränkt. Quellen: ----------- MGH Cap. II, 90ff., 365-369, nr. 220,284 - R. Poupardin, Receuil desactes des rois de Provence (855-928), 1920 - Literatur: ----------- R. Poupardin, Le royaume de Provence sous les Carolingiens, 1901 - F.Seemann, Boso von Niederburgund [Diss. Halle 1911] - M. Chaume, Lesorigines du duche de Bourgogne I, 1925, 257-304 - P. E. Schramm,Herrschaftszeichen und Staatssymbolik II, 1955, 400-402 - W. Mohr,Boso von Vienne und die Nachfolgefrage nach dem Tode Karls d. K. undLudwigs d. St., ALMA 26, 1956, 141-165 - L. Boehm, Rechtsformen undRechtstitel der burg. Königserhebung im 9. und 10. Jh., Hjb 80,1961,1-57 - Dies., Gesch. Burgunds, 1971 - R. H. Bautier, Aux origines duroyaume de Provence. De la sedition avortee de Boson a la royautelegitime de Louis, Provence hist. 23, 1973, 41-68 - J. Fried, B. v. V.oder Ludwig der Stammler? Der Kaiserkandidat Johannes VIII., DA 32,1976, 193-208 - K. F. Werner, Gauzlin v. St-Denis und die westfrk.Reichsteilung von Amiens (März 880), DA 35, 1979, 395-462. -------------------------------------------------------------------------------- Werner Karl Ferdinand: Seite 459 ******************** "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8.Generation)" VI. Generation 10 ---- Die Existenz mindestens einer, wenn nicht mehrerer Schwestern derEngelberga ist gesichert durch das Diplom Kaiser KARLS III. von 887VIII 1 (ed. Kehr, MG Die Urk. d. dt. Karol. 2, 267f., nr. 165), in demdieser urkundet für Engelbergas Mutter Ermengard, Sohn LUDWIG unddessen Schwestern: ...illi (Hermengardi) filioque suo Hludouuiconepoti scilicet nostro, et sororibus eius. Brandenburg hat in Anmerkungen zu B. VI, 5 auf diese Urkunde schonhingewiesen, hat aber die mindestens eine weitere "KAROLINGERIN"unbekannten Namens nicht in seine Tafel aufgenommen, obgleich er vonihrer Existenz überzeugt ist und sich sogar fragt, ob die mit KönigKarlmann verlobte Tochter Bosos wirklich mit Engelberga identisch ist,oder ob es sich hier um eine andere Schwester handelt. -------------------------------------------------------------------------------- Thiele Andreas: Band II Teilband 1 Tafel 97 ************* "Erzählende genealogische Stammtafeln" Boso gewann unter KARL II. DEM KAHLEN, der mit seiner SchwesterRichilde vermählt war, große Macht. Er war Graf von Vienne und Autun,zeitweise auch von Troyes. 876 zum Herzog in Italien ernannt,entführte er 877 die Tochter Kaiser LUDWIGS II. und heiratete sie.Boso wurde Oberbefehlshaber in Aquitanien und Verweser der Provencedurch den königlichen Schwager. Er besaß herzogliche Befugnisse, bekamdie bedeutende Abtei St-Maurice zugesprochen, die aber die WELFENgewannen. Auf Antrieb seiner Gemahlin ließ er sich von den Großenseines Gebietes in Mantaille bei Vienne 879 zum König wählen und vomErzbischof von Lyon krönen. Er war der erste nicht-karolingische Königim Reich KARLS DES GROSSEN und behauptete sich bis zu seinem Todegegen KAROLINGER und WELFEN. Boso war auch Herr von Septimanien undstritt mit seinem Vetter Theobald von Arles. -------------------------------------------------------------------------------- Schieffer Rudolf: ************** "Die Karolinger" Nach dem Tode Lothars II. und dem Vertrag von Meersen (August 870)schritt KARL DER KAHLE in der Provence gegen seinen alten Feind GrafGerhard von Vienne mit Waffengwalt ein und ersetzte ihn durch seinenneuen Schwager Boso. Im Februar 876 auf einer Reichsversammlung inPavia wurde er von seinem Schwager KARL DEM KAHLEN alsbevollmächtigter dux und missus eingesetzt und Boso schuf sich einezusätzliche Legitimation für eine umfassende Statthalterschaft, indemer alsbald Irmingard, die Tochter LUDWIGS II. heiratete. Er empfing im Mai 878 den aus Rom geflohenen Papst Johannes VIII. undgeleitete ihn ehrenvoll in die Francia. Im Schutz Bosos, den JohannesVIII. adoptiert hatte und der in Italien vielleicht eine ähnlichePlatzhalterrolle wie 876 für KARL übernehmen sollte, trat der Papstdie Heimreise an. Da sich Hugo der Abt nach dem Tode Ludwigs desStammlers weiter an seinem faktischen Regiment über ein ungeteiltesWestreich festhielt, provozierte er den Bruch mit dem ehrgeizigenBoso, der sich im Oktober 879 mit Hinweis auf die fehlende Legitimitätder Ansgard-Söhne selbst zum König der Rhonelande aufschwang. SeineProklamation, die am 25.10.879 in Mantaille bei Vienne im Beisein vonnicht weniger als 25 Bischöfen stattfand sowie die anschließendeKrönung in Lyon wurden im politischen Vakuum nach dem Tode Ludwigs desStammlers möglich und sollten sichtlich an das einstigeburgundisch-provencalische Königtum des LOTHAR-Sohnes Karl (+ 863) imSüden des Mittelreiches anknüpfen. Einen Bruch mit allem Herkommen undein Fanal für die Zukunft stellte der Vorgang deshalb dar, weil hiererstmals jemand, der zwar Schwiegersohn eines Kaisers und Schwagereines anderen Kaisers, aber der eigenen Herkunft nach kein KAROLINGERwar, einzig unter Berufung auf Wahl und Salbung als gottgewollterHerrscher innerhalb des Frankenreiches auftrat und damit, wenngleichbegrenzten, Anklang fand. Die Provokation wurde auch als solchebegriffen und löste sogleich entschiedene Aktionen gegen den"Tyrannen" aus, die westliche und östliche KAROLINGER zusammenführtenund in einer vergeblich gebliebenen monatelangen Belagerung von Viennedurch Ludwig III., Karlmann und KARL III. im Herbst 880 gipfelten.Erst im zweiten Anlauf gelang es Karlmann von W-Franken und in dessenAuftrag Bosos eigener Bruder, Graf Richard von Autun, im Sommer 882die Stadt zu erstürmen und Bosos Gattin, die Kaiser-Tochter Irmingard,gefangen zu nehmen, während der König selbst entkam und bis zu seinemTode (11.1.887) eine geschrumpfte Herrschaft in der Provenceaufrechterhielt. Dümmler Ernst: Seite 64,65,67 ************* "Die Chronik des Abtes Regino von Prüm" 877 Der ältere KARL zog zum zweitenmale nach Rom, wo er schon längst denKaisertitel von Johannes, dem Bischof des apostolischen Sitzes, umeinen ungeheuern Preis erkauft hatte; das italienische Königreich saher mehr im Vorbeigehen, als daß er es in Besitz nahm und genoß. Als ervon der Stadt Rom nach Langobardien zurückgekehrt war, gibt erHirmingarde, die Tochter des Kaisers LUDOWICH, dem Boso, dem Bruderder Königin Richilde, zur Ehe [Boso, der Neffe des oben (zum Jahre866) erwähnten Boso, vermählte sich im Frühjahr 876 mit Hirmingardis,als KARL von seinem ersten italienischen Zug zurückgekehrt war, ohnedessen Mitwirkung, nachdem ihn KARL zuvor in Pavia zum Herzog vonLangobardien gemacht und ihm eine Herzogskrone aufs Haupt gesetzthatte.]. Der Hochzeitstag wurde mit so großen Zurüstungen und soprächtigen Spielen gefeiert, daß die Freuden dieses Festes alles Maßüberschritten haben sollen. Er gab außerdem demselben Boso dieProvence und nachdem er eine Krone auf seinen Scheitel gesetzt, befahler ihn König zu nennen, damit er nach der Art der alten Kaiser überKönige zu herrschen schiene. 879 Boso, dessen wir kurz zuvor Erwähnung taten, zieht bei der Nachrichtvon Ludowichs Tode von der Provence aus und trachtet ganz Burgund inBesitz zu nehmen. Denn mehrere Bischöfe bewegt er teils durchDrohungen, teils durch Überredung, mit ihm einen Bündnis zu schließenund wie bis Lugdunum vorgedrungen, wird er von Aurelianus, demMetropoliten dieser Stadt und anderen Bischöfen zum König über dasbesagte burgundische Reich gesalbt. Die jugendlichen Söhne Ludowichsachtete er nämlich für nichts und sah sie als unechte Kinder an, weilihre Mutter auf KARLS Befehl verachtet und verstoßen worden sei.Dieses Unternehmen brachte ihm vielmehr einen beständigen Schaden anNiederlagen und Gefahren ein, als einen Gewinn an Ruhm und höhererWürde. Denn die schon genannten Jünglinge, Ludowech und Karlomann,wurden durch die emsigen bemühungen des Abtes Hugo und anderer Großerzur Regierung erhoben und versuchten jenen Boso all ihr Leben lang mitder größten Ausdauer. Und nicht allein ihnen, sondern auch den anderenFranken-Königen [KARL von Alamannien leitete im Herbst 880 in Personund Ludwig durch Hilfstruppen den westfränkischen Königen Beistandgegen Boso, den sie in Vienne belagerten, nachdem sie ihm Maconentrissen.] war in der Folgezeit sein Name so unerträglich und siehatten einen solchen Haß auf ihn geworfen, daß sich nicht bloß ihreFürsten und Herzoge, sondern sogar ihre Dienstmannen mit Eiden undVerwünschungen verpflichteten, ihn unwiderruflich abzusetzen und ihmden Tod zu bereiten. Er war aber von so scharfsinnigem Geist, daß,obgleich er, wie gesagt, von vielen Königen und Reichen uinablässigverfolgt wurde, er dennoch von keinem je gefangen oder umringt werdenkonnte, und von so großer Mäßigung, daß, wiewohl seine Anhänger in dieAcht getan und aller ihrer Güter beraunt wurden, er niemals von seinenLeuten mit Nachstellungen bedroht oder arglistig verraten ward,wenngleich die Feinde zu beidem oft Versuche machten. Dümmler Ernst: Band I Seite 724,749,779,840 ************* Band II Seite31,39,53,79-81,87-93,101-103,114-116,123-129,145-147,210,277 "Geschichte des Ostfränkischen Reiches" KARL schickte alsbald Boso, den Sohn des Grafen Buwin an dessen Witwesowie an deren Schwester, die Königin Thietberga, ab, um Richilde, dieSchwester Bosos, sich zuführen zu lassen, die vermutlich schon früherder Gegenstand seiner Liebe war. Indem er sogleich das Lager mit ihrteilte, ließ er nur eine kurze Trauerzeit der äußeren Schicklichkeithalber vorübergehen, um sich sodann baldmöglich förmlich mit ihr zuvermählen [In einer undatierten Urkunde KARLS für Remigius von Lyon(Bouquet VIII, 622) wird als Tag coniunctionis nostrae IV id. Oct.erwähnt. Hinkmar nennt Thietberga die matertera Bosos. Sein Vater, derGraf Buwin, ist nach Eckharts (comment. de reb. Franciae orient. II,551) sehr wahrscheinlicher Vermutung identisch mit dem Biwin, demBruder jenes Grafen Richard aus dem Ardennengau, der unter LUDWIG DEMFROMMEN das Amt des Obertürwarts bekleidete und zuden eifrigstenLotharingiern gehörte (siehe die Urkunden bei Beyer, Mittelrhein.Urkb. I, 74,78,106, Leg. I, 246) und kommt im Jahre 857 als Laienabtdes Klosters Gorze vor (Histoire de Metz IV, 31, Urkunde desAdventius, Calmet hist. de Lorraine I. Preuves col. 307). Vgl. überBosos Herkunft Gingins-la-Sarraz, Memoires pour servir a l'hist. deProvence (Archiv für schweiz. Gesch. VII, 120flg.), der ihn jedochdaselbst Seite 123 A. 94, 95 mit dem älteren Boso verwechselt. Schonin einer Urkunde vom 9. Oktober 870 (Bouquet VIII, 630) für St. Denisordnet KARL nach Nennung seiner Gemahlinnen auch pro Boso et Widone acreliquis familiaribus nostris Gebete an.]. Boso, der von väterlicherwie von mütterlicher Seite den vornehmsten Familien deslotharingischen Reiches angehörte und dessen Gewinnung daher für dieSicherheit des neuen Besitzes nicht ohne Nutzen war, wurde seit diesemBunde mit seiner Schwester der erklärte Liebling KARLS, der ihm nichtnur sogleich die Abtei St. Maurice und andere Lehen zur Belohungübertrug, sondern ihn auch in der Folgezeit zu immer höheren ja fastköniglichen Ehren erhob. Vienne aber, einen der wichtigsten Plätze des Reiches, vorzüglichwegen der Verbindung nach Italien, vertraute KARL seinem neuemporgekommennen Günstling und Schwager Boso an, indem er ihn zumGrafen daselbst einsetzte (870). Freilich entsprach es durchaus nicht seinen Absichten, daß dieKaiserin den WELFEN Rudolf, Konrads Sohn, in dem Besitz der Abtei St.Maurice anerkannte, wärend KARL dieselbe längst seinem Günstling Bosogeschenkt hatte. Unter den weltlichen Großen, welche die Satzungen von Pavia (876)durch ihre Unterschrift bestätigten, erscheint an erster Stelle derSchwager des Kaisers, Graf Boso, mit den stolzen Titeln eines Herzogs,Erzministers der heiligen Pfalz und kaiserlichen Sendboten prangend.Diese neuen Benennungen beziehen sich auf die neuen Würden, die KARLSGunst ihm in Italien übertragen: er wurde nämlich von dem Kaiser zumHerzog für diese Lande, das heißt für Langobardien eingesetzt, miteiner herzoglichen Krone geschmückt und beauftragt als seinStellvertereter die kaiserliche Autorität daselbst aufrecht zuerhalten. Wie ungemessen sein Ehrgeiz vorwärts schweifte, zeigte sichbald darauf, da er es wagte des verstorbenen Kaisers einziges KindIrmingard durch Entführung zu seiner Braut zu machen [Wiewohl Hinkmar(p. 499) dieses Ereignis in das Jahr 876 setzt, so folgt doch, wieMuratori (Annali d'Italia a. 877) richtig bemerkt hat aus demTestament der Kaiserin von März 877, daß Irmingard erst 877 entführtworden sein kann.], um sich dadurch ein Anrecht auf das hinterlasseneReich zu erwerben, welches die Ansprüche des westfränkischen Hausesüberwiegen sollte. Wenn aber der Papst hoffte, daß des Kaisers Stellvertreter, der HerzogBoso sich dieser Sache annehmen würde und ihn hierzu kräftigermunterte, so täuschte er sich freilich vollständig. Boso erwies ihmvielmehr dadurch einen sehr schlechten Dienst, daß er die ausW-Francien im August zurückkehrenden Legaten längere Zeit bei sich inPavia zurückhielt, ohne Zweifel, um sie im Interesse seiner weiterenpolitischen Pläne zu bearbeiten und zu gewinnen. Nachdem KARL sich endlich von seinem Übel wieder genesen war, hielt ersich im Januar 877 in der Pfalz Quierzy, später in Compiegne auf inGesellschaft seines Schwagers, des Herzogs Boso, der seinen jüngstgeborenen, doch bald dem Tode geweihten Sohn aus der Taufe hob. Welcher Schreck aber mußte den Kaiser erfassen, als er vernahm, daßsowohl Boso wie auch der kriegerische Abt Hugo von Tours, GrafBernhard von Auvergne und Markgraf Bernhard von Gothien, kurz alle aufderen Beistand er gebaut, ihn insgesamt im Stiche ließen. Am Pfingsttage (11. Mai 878) landete der heilige Vater zu Arles in derProvence und schickte von hier sogleich zum Grafen Boso, um sich fürdie Fortsetzung seiner reise nach Lyon dessen Geleit zu erbitten. Bosowar ein Mann von fähigem Geiste, rastlosen Ehrgeiz, verschlagen undwie alle diese aufstrebenden Größen zu jdem treubruch bereit, der ihnauf seinem Wege fördern konnte, war nicht zufrieden durch RichildesEinfluß und eigene Geschicklichkeit der zweite im westfränkischenreiche geworden zu sein; die Erwerbung Italiens durch seinenkaiserlichen Schwager wollte er sich selbst so viel als möglich zuNutze nmmachen. Daß er mindestens die Würde eines italienischenUnterkönigs für sich ins Auge gefaßt, darauf deutetdie erzoglicheStellung, die er sich von KARL in der Lombardei übertragen ließ,darauf vor allem die Entführung der Kaisertochter Irmingard mit demBeistande BERENGARS [Ann. Fuld. 878: qui (sc. Buoso) propria uxoreveneno extincta filiam Hludowici imperatoris de Italia per vimrapuerat; Hincmari ann. 876 (Scr. I, 499): Boso ... Berengarii ...factione filiam Hludowici imperatoris Hirmengardem, quae apud eummorabatur iniquo conludio in matrimonium sumpsit. Die ZeitbestimmungHinkmars wird durch das Testament Engelbergas als irrig erwiesen, indem Ermengarda unica mea filia im März 878 noch als unvermählterscheint (Campi hist. di Piacenzia I, 461). Noch irriger ist dieAngabe Reginos (a. 877), daß KARL selbst auf seinem zweiten RömerzugeIrmingard Boso zum Weibe gegeben und die Hochzeit mit übermäßigerPracht gefeiert habe. Vielleicht hat Hinkmar hier die beiden Züge(postquam imperator anb Italia in Franciam rediit) miteinanderverwechslt und vermählte sich Boso zu Ende 877.], für welche er seineHand durch Vergiftung seiner ersten Gemahlin frei machte. Freilich warbis jetzt wenig geschehen, um den Papst für die Unterstützung solcherPläne zu gewinnen. Die Zurückhaltung der im Rom sehnsüchtig erwartetenLegaten Petrus und Leo im Jahre 876, eitle Versprechungen desBeistandes, denen keine Tat nachfolgte, endlich das verräterischeBenehmen gegen den Kaiser, wodurch unmittelbar dessen klägliches Endeherbeigeführt wurde. Andererseits besaß aber Boso an seinerSchwiegermutter Engelberga, die ihre angehäuften Schätze gern fürkirchliche Stiftungen verwendete und mit Johann VIII. stets aufvertrauten Fuße stand, die diesem eine sehr einflußreicheVermittlerin, und dem Papste mußte der mächtige Arm willkommen sein,der ihm Hilfe gegen seine Dränger verhieß und ihm zur Ausschließungder Söhne Ludwigs des Deutschen die besten Dienste leisten konnte.Grund genug für den Papst, die Lockungen des Herzogs nicht von derHand zu weisen, mit ihm für gewisse Fälle Verabredungen zu treffen,die mindestens schon auf eine Königskrone zielten, und einen engenBund zu schließen, dessen Wirkungen bald zu Tage treten sollten. DasBündnis mit Boso tat sich zunächst dadurch kund, daß Johann denMetropoliten der Provence Rosragnus von Arles zu seinem Vikar fürGallien ernannte, ferner legte er auch zu wiederholten Malen seineFürsprache für nahe Verwandte des Herzogs, die Töchter desverstorbenen Grafen Boso und der Ehebrecherin Engeltrud ein, derenHinterlassenschaft teils ein Vetter der letzteren, Graf Matfrid, teilsder ostfränkische König Ludwig selbst an sich gerissen hatten undforderte die Inhaber zur Herausgabe der Güter auf. Boso stand zu dem Könige Ludwig in diesem Augenblick (September 878)auf ebenso vertrautem und nicht minder einflußreichem Fuße, als vorherzu Kaiser KARL. Am Tage nach dem Schlusse der Synode begab sich derKönig auf seine Einladung von mehreren seiner vornehmsten Rätebegleitet in sein Haus und wurde hier von ihm und seiner GemahlinIrmingard auf das reichste bewirtet und in jeder Weise geehrt. Aufdiesem festlichen Empfang folgte die Verlobung der Tochter des HerzogsBoso mit Karlmann, Ludwigs jüngerem Sohne, die zu den zwei früherenVerschwägerungen dieses aufstrebenden Geschlechtes mit dem königlichenHause eine dritte hinzufügte. Diese Pläne traten jetzt insoweit an das Tageslicht, als der König demHerzog Boso im Verein mit mehreren Bischöfen den Auftrag erteilte,statt seiner mit bewaffneter Hand den Nachfolger Petri nach Italien zugeleiten und ihm eine sichere Straße zur Heimkehr nach Rom zueröffnen. Denn indem Johann dem, der bisher nur der Vasall einesFranken-Königs war, keinen geringeren Preis als die Kaiserkronevorspiegelte, versprach Boso ihm sobald es tunlich sei, mit dergesamten Macht des reiches gegen dei feinde der römischen Kirche zuHilfe zu ziehen und es wurde diesen gegenseitigen Bedingungen einegeheime aber feste Verabredung zwischen beiden getroffen. Der erste Schritt zur Erreichung des gemeinsamen Zieles mußte darinbestehen, die Lombarden, die noch immer Karlmann als ihren Königanerkannten, von ihm ab und auf dei Seite des neuen Herrschers vonItalien zu bringen. Der Papst begann damit, daß er die Treue gegen dieFranken-Könige bewahrend zu ihnen über die See gekommen sei, um sie anihre Pflichten gegen die römische Kirche zu mahnen, aber ausUngehorsam seien sie sämtlich ausgeblieben bis auf Ludwig, den SohnKARLS. "Auf seinen Rat und Vorschlag habe ich den ruhmreichen FürstenBoso als meinen Sohn an Kindesstatt angenommen, damit er sich denweltlichen Händeln, wir uns ungehindert den göttlichen Dingen zuwidmen vermögen. Daher besrebt euch, zufrieden mit den Grenzen euresReiches Ruhe und Frieden zu halten, weil wir jetzt und fürderhin allein den Bann tun, die sich gegen unsern besagten Sohn zu erhebenwagen." Die Söhne Ludwigs sollten demnach ihr Anrecht auf Italiendurch ihr Nichterscheinen als verwirkt, Boso als ihren rechtmäßigenNachfolger betrachten. Von Troyes, wo Johann nach dem Schluß der Verhandlungen sich nocheinige Wochen aufhielt, zog derselbe Anfang Oktober nach Chalon undvon da immer in Begleitung des Herzogs Boso und seiner Gemahlin. Boso,der ohne Zweifel nur eine geringe Streitmacht mit sich geführt, kehrtevon Pavia, bis wohin er den Papst begleitet, in das W-Reich zurück.Indem der Papst seine aufopfernde Hingebung mit dem höchsten Lobepries, erinnerte er den König zugleich daran, daß er ihm versprochen,dem Herzog Boso eine ausreichende Truppenzahl zur Bekämpfung derFeinde der römischen Kirche zu üergeben. Abgesehen von der Unzulänglichkeit der eigenen Hilfsmittel, welcheeine Romfahrt des Grafen Boso als ein tollkühnes Wagnis erscheinenließ, hielt bald noch ein anderer Grund denselben von weiterenUnternehmungen in Italien zurück: der Thronwechsel im W-Reich nämlichund die daraus sich ergebenden Aussichten, seine Macht unter einemjugendlichen Herrscherpaare immer schrankenloser zu erweitern. Dennwie sehr auch der Phantasie Bosos und vielleicht mehr noch derEitelkeit seiner Gemahlin der goldene Traum einer Kaiserkroneschmeicheln mochte, so war er doch keineswegs geneigt für diesennichtigen Flitter alles, was er bisher erworben, auf das Spiel zusetzen. Die Wurzeln seiner fürstlichen Stellung ruhten in denRhonelanden, sein Einfluß wurde durch die Verbindung mit anderenhervorragenden Häuptern des westfränkischen Volkes verstärkt. Durch die Vermittlung des Abtes Hugo, der ein Vetter des verstorbenenKönigs war, von dem aufrichtigen Eifer für die Sache des jungenPrinzen beseelt und daher auch alle übrigen Großen zur gleichenGesinnung zu vereinigen strebte, kam zwischen Boso und Theoderich einÜbereinkommen zu Stande, wonach jener die strittige Grafschaft Autun,dieser dafür die Abteien erhalten sollte, deren Einkünfte Boso bisherin diesen Gegenden bezogen hatte. Nach diesem Abkommen nahm derletztere die Grafschaft in Besitz, um sie seinem Bruder Richard zuüberlassen, zog sich aber selbst bald darauf, wie es scheint, ganz vonder Entscheidung über die Krone des W-Reiches zurück, ausschließlichdamit beschfätigt, an einer neuen Krone für seine eigenes Haupt zuarbeiten. Dieser Vasall war Boso, der Herzog der Provence, den wir anfänglichnach dem Tode Ludwigs des Stammlers als einen Genossen Hugos undTheoderichs unter den Getreuen der Königssöhne erblickten. Er befandsich selbst da noch unter ihnen, als sie den ostfränkischen Königdurch das Angebot des halben Lothringens zum Rückzuge bewogen. EineZeitlang hatte der herzog geschwankt, ob er seine Kräfte auf dieBeherrschung der lombardischen Ebene, die Gewinnung der Kaiserkronewenden oder ob er fortfahren solle, wie in den letzten Jahren KARLSDES KAHLEN, als der erste nach dem Könige vorwaltenden Einfluß imgesamten W-Reich zu üben. Die Verfolgung jenes Zieles stieß jedoch aufunüberwindliche Schwierigkeiten und die letztere Stellung mußte Bosomit Hugo und Theoderich teilen, neben denen er selbst in den Schattentrat Der unbefriedigte Ehrgeiz des aufstrebenden Herzogs wurde vonseiner Gemahlin Irmingard angefeuert, welche aufgewachsen als daseinzige Kind eines Kaisers, in Wissenschaften sorgfältig unterrichtetund einst zur Herrscherin von Byzanz bestimmt, das bescheidene Loseiner fränkischen Gräfin nicht ertragen konnte. Sie soll ausgerufenhaben, daß sie nicht mehr leben wolle, wenn sie, eines Kaisers Tochterund Braut, ihren Gemahl nicht mindestens zum König mache. Es steht nicht fest, wann Boso den Beschluß faßte, sich seinembisherigem Amtsbezirk zum selbständigen König aufzuwerfen: der Sommer879 mag den Vorbereitungen dazu gedient haben. Wenn er auch auf dieprovenzalischen Großen vielleicht von vornherein zählen durfte, sowünschte er doch außerdem von Burgund diesseits wie jenseits des Jurasoviele wie möglich an sich zu ziehen. Die Erwerbung deswestfränkischen Teiles mußten ihm seine vielfachen Verbindungen imW-Reiche erleichtern, das transjuranische Burgund dagegen hatteebenfalls seit längerer Zeit zwischen verscheidenen Herrscherngeschwankt und es schien daher nicht schwer, in diesen Gegenden festenFuß zu fassen. Vor allem galt es, de Bischöfe dem Thronwechsel geneigtzu machen: außer dem Schutze, den Boso ihnen allen verhieß und andessen Stelle er im Falle des Widerstrebens unversöhnliche Feindschaftzu setzen drohte, suchte er die mächtigeren unter ihnen durch Abteien,Krongüter und Gewährungen aller Art zu ködern, wie er für manche auchfrüher schon beiden fränkischen Königen als ein einflußreicherFürbitter zu gleichem Behufe aufgetreten war. Um die stärkeren zubeschenken, mußten die schwächeren beraubt werden und Boso trug auchnicht das geringste Bedenken, seine Vasallen mit Klostergütern odermit Besitzungen der Reimser Kirche auszustatten. Hatte er doch sogardas dem päpstlichen Stuhle gehörige Krongut Vendeuvre einem seinerGetreuen verliehen! Mit solchen Mitteln wurden zuerst die frommenVäter, dann die habgierige Schar der Vasallen für den Usurpatorgewonnen: es schmeichelte ihren Unabhängigkeitsgelüsten, einen eigenenKönig zu haben und sie alle wollten, daß er seine schirmende Hand übersie halte. Zu Mantaille, einem Krongut einige Meilen südlich von Vienne, auf demsich einst König Karl öfter aufgehalten, traten die Bischöfe und diegroßen Herren der Provence und eines Teiles von Burgund zur Königswahlum die Mitte des Oktober zusammen. In dem über diese Verhandlungaufgenommenen Aktenstücke führen die Kirchenhäupter zuerst aus, wiesie nach dem Tode des Königs Ludwig bei der Verlassenheit des Reicheseines Herrschers bedurft hätten, der sie nach den Vorschriften derBibel regierte und ihnen gegen ihre sichtbaren Feinde Schutz gewährte.Indem sie mit den Vornehmeren des Landes über die Person des zuWählenden Rat gepflogen, sei ihnen allen auf ihr brünstiges Gebet zuGott ein Fürst als der einzige geoffenbart worden. Derselbe Mann, derschon dem Kaiser KARL als ein notwendiger Schützer und Helfer zurSeite gestanden und von seinem Sohne Ludwig wegen seinerausgezeichneten Klugheit noch mehr erhöht worden sei. "Nicht nurGallien, sondern auch in Italien leuchtete er allen voran, so daß derrömische Papst Johann ihn gleich einem Sohne achtend, seine lautereGesinnung mit vielem Lobe pries und auf der Heimkehr nach seinem Sitzeihn zum Schirm sich erkor. Daher haben sie (die Versammelten) nachGottes Willen, unter Zustimmung der Heiligen wegen der drängenden Notund um der an ihm erprobten Tüchtigkeit und scharfsichtigen Klugheitwillen mit einem einmütigen Entschlusse den erlauchten Fürsten HerrnBoso, unter Christi Führung, zu diesem Königsamte aufgefordert undeinhellig erwählt. Wiewohl in Anbetracht einer so großen Aufgabe sicherst geweigert und abgelehnt, so hat doch endlich als ihm vorgehaltenwurde, was Gott und der Kirche gebüre, gehorsam seinen Nackengebeugt..

Quellenangaben

1 http://www.mittelalter-genealogie.de/bosoniden_linie_niederburgund/boso_von_vienne_koenig_von_burgund_887.html
2 http://www.mittelalter-genealogie.de/bosoniden_linie_niederburgund/boso_von_vienne_koenig_von_burgund_887.html
3 http://www.mittelalter-genealogie.de/bosoniden_linie_niederburgund/boso_von_vienne_koenig_von_burgund_887.html
4 http://www.mittelalter-genealogie.de/bosoniden_linie_niederburgund/boso_von_vienne_koenig_von_burgund_887.html
5 http://www.genealogie-mittelalter.de/ludwig_fuersten/ludwig_2_frankenkoenig_875.html

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