Notizen zu dieser Person
Auszuege aus der Ansprache zur Trauerfeier von Ursula Poller am Donnerstag, dem 08.02.2018, in derKirche zu Reust gehalten von Pfrin. Gabriele Schaller: im Mittelpunkt dieser Trauerfeier steht eine Frau aus Ihrer Mitte, die ihr langes arbeitsreiches und erfülltes Leben hier in Reust verbracht hat. Ihr Ehemann wusste, seine Frau muss den Kirchturm von Reust sehen. In die Ferne zog sie es nicht. Urlaubsreisen waren nicht ihr Ding. Ihre Welt war der Vierseitenhof ihrer Eltern mit den vielfältigen, landwirtschaftlichen Aufgaben. Ihn zu erhalten und zu pflegen, dafür setzte sie sich mit ihrem Ehemann ein. Genauso auch für ihre Kirche und den Friedhof. Nicht zu vergessen das Kriegerdenkmal Ihrer Gemeinde. Hochachtungsvoll wurde von ihr und von ihnen gesprochen. ... Welche Momente aus dem Leben der Verstorbenen stehen Ihnen da vor Augen? Sicher: die oft von ihr erinnerte Zeit in der Haushaltsschule. Auch wenn es nur ein Schmalspurenkochen sein konnte, so freute sie sich doch daran, neue Rezepte mit den anderen Schülerinnen auszuprobieren. Freundschaften fürs Leben fand sie hier. Vor Augen steht auch ihr großer Bekanntenkreis, ihr offenes Haus, ihre Aufgeschlossenheit und Kontaktfreudigkeit. Und: ihre Liebe zu den Hochleistungskühen der LPG auf ihrem Hof. Wie sie sie jeden Tag auf die Weide führte, mit ihnen sprach und wie sie in ihrer Obhut gediehen, sodass sie dafür vielfach ausgezeichnet wurde. Auch wenn sie Gott glaubte und erfahren hat: Er ist Licht und keine Finsternis ist in ihm, so gab es in ihrem Leben auch Zeiten, in denen Finsternis sie bedrohte von außen und von innen. …. Als Schulkind folgte sie der Aufforderung eines geliebten Angehörigen, den Hitlergruß zu verweigern. Das brachte ihr viel Ärger und eineStrafarbeit ein. Eine schwere Zeit war auch die Überführung ihres landwirtschaftlichen Hofes in die LPG. Und am Ende ihres Lebens die bleibende Sehnsucht, endlich wieder nach Hause zu kommen: auf ihren Hof und nach Reust. Ursula Elfriede Poller wurde am 12. Februar 1928 als einziges Kind ihren Eltern, dem Bauern, Herbert Barth und seiner Ehefrau, Helene Barth, geb. Kratsch, in Reust geboren. Auf dem elterlichen Hof wuchs sie auf. Gern erinnerte sie sich an ihre Kindheit. Nach Beendigung ihrer Schulzeit wurde ihr Lebensort auch zu ihrem Arbeitsort. Eine besonders enge Verbundenheit mit ihren Eltern prägte ihr Leben. Zeitlebens wusste sie sich in ihrem Elternhaus geborgen. Mit Wertschätzung, Hochachtung und großer Verehrung hat sie bis zuletzt von ihnen gesprochen.Sie waren ihr Vorbild, Wegbereiter und –begleiter. Mit der Liebe, mit der ihre Eltern sie umgaben, umsorgte sie sie später bis ans Ende ihres Lebens. Ihren Partner, Gerhard Arno Poller ausZwickau, lernte sie in Reust kennen. Nach einer längeren gemeinsamen Zeit auf dem elterlichen Hof haben sie im Dezember 1961 geheiratet. Zusammen haben sie auf dem Hof gearbeitet. Wenig an sich gedacht, zufrieden mit den Gegebenheiten. Neben ihrer schweren Arbeit in der Landwirtschaft fanden sie die Zeit, sich für Kirche und Kommune zu engagieren. Ursula Poller übernahm frühzeitig die Verantwortung für den Hof. Die Hochleistungskühe der LPG waren bei ihr bestens aufgehoben. Ihre Eltern unterstützten sie dabei nach ihren Kräften. Viele ihrer Auszeichnungen für ihre hervorragende Arbeit waren mit Reisegeschenken verbunden, die sie in der Regel ablehnte. Eine Zugreise in die Sowjetunion ans Schwarze Meer nahm sie für sich und ihren Ehemann an.Wirklich Zeit füreinander fanden sie in ihren letzten Jahren gemeinsamen Lebens. Mit viel Aufmerksamkeit und Zuwendung waren sie füreinander da. Im September 2011 verstarb Gerhard Poller. 37 Jahren waren sie miteinander verheiratet. Für Ursula Poller begann die schwierige Zeit des Alleinseins auf dem Hof. Auf die Hilfe und Unterstützung ihrer Cousinen und Cousins aus Reust, Ronneburg und Gera konnte sie sich verlassen. Das wusste sie zu schätzen und war sehr dankbar dafür. Auch die gute Nachbarschaft über die Jahrzehnte gepflegt, war sehr hilfreich in dieserZeit. Ihre große Freude in dieser Lebensphase auf dem einst so belebten Hof waren ihre Hühner. Für sie war sie da. Um ihre Leistung ging es nicht mehr. Nur noch um ihr Wohlsein. Bis in ihr 86. Lebensjahr konnte sie auf ihrem Hof eigenständig leben. Aus gesundheitlichen Gründen war das Alleinsein auf dem großen Hof danach nicht mehr möglich. Nach Krankenhausaufenthalt, Operation und Rehaaufenthalt war es erforderlich, dass sie in ein Seniorenheim zog. Im Pflegeheim am Krankenhaus fand sie nun eine Bleibe. Sie, die ein Leben lang in ihrem Elternhaus gelebt hatte, war in Gedanken aber weiter in Reust und auf ihrem Vierseitenhof. Mehr und mehr lebte sie in der Vergangenheit, in ihrer erfüllten, arbeitsreichen Zeit. In dieser nicht einfachen Phase ihres Lebens konnte sie sich der Fürsorge und Zuwendung ihrer Cousinen und Cousins sicher sein. … Ihren 90. Geburtstag hätte sie gern erlebt und im Kreis ihrer Familie auf ihrem Hof gefeiert. In Vorbereitung darauf erinnerte sie sich mit Ihnen, liebe Familie, mit Freude und Wehmut an gemeinsame Zeiten und Ereignissen. Immer wieder gab es gute Tage, an denen sie mit Ihnen gelacht und gescherzt hat. In der festen Hoffnung, eines Tages wieder auf ihrem Hof leben zu können, ist sie plötzlich und unerwartet – ohne Anzeichen von Leiden – am Sonntag, dem 14. Januar,verstorben. Vor der Finsternis, die sie am meisten fürchtete: Schmerzen und Bettlägerigkeit – blieb sie verschont.
Bernd
Hoffmann
