Hermann BILLUNG

Hermann BILLUNG

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Hermann BILLUNG
Beruf Herzog in Sachsen

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Tod 27. März 973 Quedlinburg nach diesem Ort suchen
Heirat

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder

Oda VON SACHSEN

Notizen zu dieser Person

Aus Wikipedia:
Hermann Billung († 27. März 973 in Quedlinburg) aus der Verwandtengruppe der Nachfahren Widukinds war Herzog in Sachsen.
Nach seinem Herrschaftsantritt im Jahr 936 bestellte König Otto I. Hermann zu seinem neuen Heerführer (princeps militiae). Die Entscheidung sorgte für Aufruhr im sächsischen Adel. Insbesondere Hermanns älterer Bruder Wichmann I. fühlte sich übergangen und schloss sich vorübergehend einem Aufstand gegen den König an. Trotz der Aufsehen erregenden Bevorzugung Hermanns trat er erst knapp 20 Jahre später im Zuge des Liudolfinischen Aufstandes von 953 bis 955 wieder in Erscheinung. Otto I.übertrug ihm für die Dauer seiner kriegsbedingten Abwesenheit die Stellvertretung in Sachsen (procurator regis). Die erzählenden Quellen bezeichnen Hermann fortan als Herzog (dux), ohne von einer Befehlsgewalt über den sächsischen Adel zu berichten. Im nördlichen Sachsen verstrickte er sich in einen Machtkampf mit seinen Neffen, deren Erbe er sich nach dem Tod seines älteren Bruders angeeignet hatte. Dort bestimmte Hermann Lüneburg zum Zentrum seiner Herrschaft und stiftete das KlosterSt. Michaelis, Grablege des nach Hermann benannten Geschlechts der Billunger. Gegenüber den elbslawischen Abodriten verfolgte er eine auf Ausgleich und Bindung bedachte Politik. Als Otto I. ihn vor seiner Abreise nach Italien 961 erneut zu seinem Stellvertreter bestellte, war Hermann der mächtigste Mann in Sachsen. Gegen Ende seines Lebens könnte er sogar nach der Herrschaft gegriffen haben, als er für jedermann sichtbar in Magdeburg widerrechtlich das königliche Zeremoniell benutzteund anschließend im Bett des abwesenden Königs übernachtete. Hermann starb Ostern 973 in Quedlinburg. Seine männlichen Nachkommen stellten in grader Linie über vier Generationen die Herzöge in Sachsen.
Vorherrschende Forschungsperspektive ist Hermanns verfassungsrechtliche Stellung. Bereits Ludwig Weiland gelangte 1866 zu dem Ergebnis, Hermann sei als erster unter Gleichen in Sachsen kein „richtiger“ Herzog gewesen. Dafür habe es ihm an der Befehlsgewalt über den sächsischen Adel gefehlt. Diese Auffassung wirkt bis heute fort und kommt in der einschränkenden Bezeichnung Hermanns als „Herzog in Sachsen“ zum Ausdruck. Im Jahr 1984 konnte Gerd Althoff nachweisen, dass Hermann als Angehöriger der Nachfahren Widukinds zum bedeutendsten Geschlechterverband in Sachsen gehörte. Matthias Becher machte Hermann 1996 zum Kristallisationskern der Entstehung eines sächsischen Stammesbewusstseins. Hermann gilt der Forschung bis heute zudem als Markgraf über die Slawen im Nordosten.
Hermann Billung und Ehefrau Hildegard von der Westerburg. Zeichnung nach einem hölzernen Relief auf einer Chorstuhlwange der ehemaligen Klosterkirche in der Pfalz Pöhlde. (Unbekannter Meister um 1280, heute Niedersächsisches Landesmuseum Hannover)
Hermanns Herkunft ist durch zeitgenössische Quellen nicht überliefert. Spätere Nachrichten,[1] die ihn als Sohn armer Leute oder als edlen Abkömmling eines Billung oder Billing beschreiben, gehören in den Bereich der Sage oder gelten aufgrund des großen zeitlichen Abstandes als zweifelhaft. Zur ersten Gruppe gehören insbesondere die Schilderung Adams von Bremen über eine angeblich „niedere Geburt“ Hermanns[2] und die Erzählung der Lüneburger Chronik über die Herkunft Hermanns von einemMeyerhof in Stübeckshorn bei Soltau.[3] Vermutungen, er sei der Sohn eines Billung gründen sich auf einen entsprechenden Eintrag in der Hauschronik des Klosters St. Michael in Lüneburg aus der Zeit zwischen 1229 und 1233.[4] Heute beschränkt sich die Forschung auf die Aussage, Hermann entstamme der mit Abstand einflussreichsten und vornehmsten Verwandtengruppe des nördlichen Sachsen, nämlich den Nachfahren Widukinds.[5] Als nächste Verwandte aus der Elterngeneration werden die GrafenEkbert und Bernhard von Borghorst angesprochen,[6] ohne dass das verwandtschaftliche Verhältnis zu ihnen sicher bestimmt werden könnte.[7]
Hermann hatte zwei ältere Brüder, Wichmann I. den Älteren, und Amelung, Bischof von Verden.
Aus der Ehe Hermanns mit Oda von Sachsen entstammten mindestens vier Kinder. Der älteste Sohn Bernhard I. wurde nach dem Tod des Vaters 973 Herzog in Sachsen. Über seinen Bruder Liutger (Liudger) ist wenig bekannt.[8] Die Tochter Mathilde I. heiratete 961 Balduin III. und ehelichte nach dessen frühem Tod um das Jahr 963 Gottfried den Gefangenen. Suanhilde (Schwanhild) war zunächst mit dem Markgrafen Thietmar I. und anschließend mit dessen Nachfolger verheiratet, dem Markgrafen EkkehardI. Die vielfach als Tochter Hermanns angesprochene Imma II.,[9] Äbtissin des Kanonissenstiftes Herford, wird in einer Urkunde Ottos III. als Tochter Bernhards I. bezeichnet.[10]
Eine zweite Ehe Hermanns mit Hildesuith (oder Hildegard) ist zweifelhaft. Bei der auf einer zwischen 1071 und 1086 im Kloster St. Michael in Lüneburg entstandenen Stammtafel der Billunger[11] aufgeführten Gräfin könnte es sich auch um die ansonsten unbekannte erste Frau von Hermanns Sohn Bernhard I. handeln.[12]
Bei dem Zunamen „Billung“ soll es sich nach verbreiteter Auffassung um ein Forschungskonstrukt handeln, das zur Unterscheidung der Verwandtengruppe von anderen Adelsgeschlechtern nach dem vermeintlichen Stammvater Billung gewählt wurde.[13] Dagegen hatte bereits 1951 Ruth Bork darauf hingewiesen,[14] der Name könne zeitgenössisch sein, weil der mit Hermann verbündete abodritische Samtherrscher Mistiwoj in der Hamburger Kirchengeschichte des Bremer Domscholasters Adam von Bremen aus derZeit von 1070 den vielleicht auf Hermann zurückgehenden Taufnamen Billug trägt.
Die Bestellung zum Heerführer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hermann wird erstmals[15] im Zusammenhang mit einem Feldzug der Sachsen gegen die Redarier[16] im Herbst des Jahres 936 erwähnt. Widukind von Corvey berichtet in seiner um 968 entstandenen Sachsengeschichte, nach dem Tod König Heinrichs I. habedessen Sohn Otto I. als neuer König beschlossen, auch einen neuen Heerführer („principes militiae“) zu bestellen.[17] Das Amt war mit dem Tod des Grafen Bernhard von Borghorst um die Jahreswende 935/936 vakant geworden. Die Wahl des Königs fielauf Hermann, der an der Spitze des Heeres in das Land der Redarier eindrang und diese im Kampf besiegte. Trotz dieses Erfolges führte Hermanns Berufung zu heftigen Reaktionen des sächsischen Adels, die schließlich in einen Aufstand gegen den König mündeten. Die Ursachen für diese Empörung sucht die Forschung nicht in der Person Hermanns, sondern in den Beweggründen des Königs für Hermanns Berufung und in dem Amt, das er Hermann übertrug.
Die Reaktion des sächsischen Adels[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hermanns älterer Bruder Wichmann entfernte sich noch vor Beginn des Feldzuges mit seinen Gefolgsleuten vom Heer. Als Grund täuschte er eine Krankheit vor. Tatsächlich sah er sich in seinem Rang übergangen und in seiner Ehre verletzt. Er war dasOberhaupt des mächtigsten und reichsten Geschlechterverbandes im nördlichen Sachsen.[18] Innerhalb der Sippe bekleidete er damit im Vergleich zu seinem wesentlich jüngeren Bruder eine herausragende Stellung, die ihm auch unter den sächsischen Adligen großes Ansehen verschaffte. Dieses Ansehen spiegelt sich in einer Lobpreisung Widukinds wider, der ihn als mächtigen und tapferen Mann beschreibt, kriegserfahren und von außergewöhnlicher Bildung.[19] Umgekehrt überzeichnet Adam von BremenHermanns relative Bedeutungslosigkeit, wenn er ihn als Sohn armer Eltern beschreibt, der von seinem Vater nur 7 Hufen Land geerbt habe.[20] Wichmanns Verbindungen reichten durch die Ehe mit einer zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenen Schwester der Königin Mathilde bis in die königliche Familie. Seine massierten Besitzungen im Bardengau, dem Grenzgebiet zu Slawen und Dänen, verliehen ihm reichspolitisch zusätzliches Gewicht.[21] Vor diesem Hintergrund war Wichmann offensichtlich nicht bereit, die vor dem versammelten sächsischen Adel erlittene Schmach seiner Zurücksetzung hinter den bis dahin unbedeutenden Bruder hinzunehmen.[22] Im folgenden Jahr schloss er sich dem Aufstand um Ottos I. Halbbruder Thankmar und den fränkischen Herzog Eberhard gegen den König an.
Die Empörung Wichmanns über den durch nichts gerechtfertigten Eingriff des Königs in die hierarchische Struktur des Geschlechterverbandes wurde von großen Teilen des sächsischen Adels geteilt. Widukind berichtet, auch die übrigen sächsischen Großen hätten die Entscheidung missbilligt.
Einer dieser Großen namens Ekkehard, mutmaßlich ein Cousin des Königs,[23] empfand die Ernennung Hermanns als eine derartige Demütigung, dass er gegen den Befehl des Königs das Heer verließ und auf eigene Faust eine slawische Burg angriff, um Ottos I. Gunst doch noch für sich zu gewinnen oder ruhmreich zu sterben. Er und seine Mitstreiter fanden vor der Burg den Tod.
Die Beweggründe König Ottos I.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Beweggründe Ottos I. für die Ernennung Hermanns sind rätselhaft.[24] Widukind zufolge war er für das Amt nicht besser geeignet als sein älterer Bruder. Die Forschung ist sich deshalb darin einig, dass Otto sich in erster Linie gegen Wichmannentschieden hat. Da Widukind für Hermanns Bevorzugung selbst keinen Grund anführt, wurden verschiedene Thesen zur Erklärung von Ottos Beweggründen entwickelt. Für Gerd Althoff handelte es sich bei der bewussten Übergehung Wichmanns um eine Maßnahme zur „Durchsetzung herrscherlicher Entscheidungsgewalt.“[25] Otto I. habe damit das neue königliche Selbstverständnis demonstrierten wollen, als Herrscher bei der Ämtervergabe nicht an erbrechtlich begründete Ansprüche des Adels auf bestimmte Positionen gebunden zu sein. Eine andere Erklärung liefert Matthias Becher.[26] Innerhalb der königlichen Familie habe bei der Wahl von Heinrichs I. Nachfolger keine Einigkeit geherrscht. Favorit der Königin Mathilde für die Thronfolge sei ihrLieblingssohn Heinrich gewesen. Wichmann habe als Schwager der Königin, die wie er zu der Verwandtengruppe der Nachfahren Widukinds gehörte, im Lager der Königin gestanden. Mit der Zurücksetzung Wichmanns habe Otto einen potentiellen Gegner seiner Königsherrschaft ausgeschaltet. Noch einen Schritt weiter gehen Ernst Schubert und Johannes Laudage. Nach ihrer Auffassung beabsichtigte Otto eine Spaltung des gesamten Geschlechterverbandes, um ihn auf diese Weise zu schwächen.[27] Tatsächlich lässt sich eine solche Aufspaltung in den nachfolgenden Auseinandersetzungen Hermanns mit Wichmanns Söhnen Wichmann II., Ekbert und Brun erkennen, über die Widukind umfangreich berichtet.[28]
Das Amt des „princeps militiae“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einen weiteren Grund für die Empörung des sächsischen Adels gegen die Bestellung Hermanns zum princeps militiae sieht die Forschung in damit verbundenen Sonderrechten. Dabei bedeutet princeps militiae in der wörtlichen Übersetzung zunächst schlicht Heerführer. Dem entsprechend wurde vereinzelt auch vertreten, Hermanns Befugnisse als princeps militiae hätten sich auf diejenigen eines militärischen Anführers im Feldzug gegen die Redarier beschränkt.[29] Inzwischen ist die Forschung jedoch einhellig zu der der Auffassung gelangt, Hermann seien mit dem Amt des Heerführers zusätzliche Befugnisse verliehen worden. Denn die Bezeichnung war bereits 50 Jahre vorher in den Annales Fuldenses für den Grafen Heinrich aus dem Geschlecht der Babenberger verwendet worden,[30] um ihn als Anführer der adligen Gefolgsleute (militia) Ludwig III. des Jüngeren zu beschreiben.[31] Zudem zeigten die heftigen Reaktionen des sächsischen Adels auf Hermanns Ernennung, dass die Stellung weitausbedeutsamer war als die eines lagebedingt berufenen Heerführers.[32]
Keine Einigkeit hingegen besteht bei der Beantwortung der Frage, worin diese zusätzlichen Befugnisse bestanden haben könnten. Die wohl herrschende Meinung geht davon aus, mit der Ernennung Hermanns zum Heerführer habe der König ihm zugleich denAuftrag zur dauerhaften Sicherung der Nordostgrenze des Ostfrankenreiches gegen Dänen und Elbslawen erteilt.[33] Dieses Amt hätte zuvor Hermanns im Jahr 935/936 verstorbener Verwandter Bernhard bekleidet, der siegreiche Feldherr in der Schlachtbei Lenzen. Dagegen stellte die Verleihung des Feldherrentitels nach Einschätzung von Albert K. Hömberg bereits die Begründung eines sächsischen Herzogtums dar.[34] Zu einem ähnlichen Ergebnis wie Hömberg gelangte Matthias Becher. Mit der Ernennung eines princeps militiae habe Otto I. eine Mittelinstanz zwischen dem Adel und dem Königtum eingerichtet, indem er seine eigene Befehlsgewalt dauerhaft auf Hermann übertragen hätte.[35] Die sächsischen Großen seien in der Folge verpflichtet gewesen, Befehle von dem bis dahin gänzlich unbedeutenden Hermann entgegenzunehmen. Dem gegenüber hat Gerd Althoff 1999 darauf hingewiesen, in den Schriftquellen fehle jedweder Hinweis auf weitergehende Befugnisse Hermanns wie etwa der Oberbefehlüber andere Grafen oder die Ausübung von Gerichtsbarkeit.[36]
Herrschaft im Nordosten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach dem erfolgreichen Redarierfeldzug spielte Hermann auf Reichsebene fast zwanzig Jahre lang keine Rolle mehr. Dagegen söhnte sich sein älterer Bruder Wichmann 939 mit dem König aus und dürfte dem mächtigen Geschlechterverband bis zu seinem Tod 944 weiter vorgestanden haben. Erst danach finden sich wieder vermehrt Nachrichten über Hermann, der bis 953 in den Schriftquellen überhaupt nur noch ein einziges Mal erwähnt wird. Auffälliger Weise kämpfte Hermann weder während des Liudolfinischen Aufstandes 953 noch in den großen Schlachten des Jahres 955 auf dem Lechfeld über die Ungarn und an der Raxa über die Slawen an der Seite des Königs. Stattdessen festigte er in einer Reihe von Kämpfen gegen die Söhne seines Bruders Wichmann seinen Herrschaftsanspruch über den Geschlechterverband und die riesigen Besitzungen im Nordosten. Gegenüber den Slawen an der unteren Elbe, namentlich den Abodriten, wählte er eine völlig andere, auf Ausgleich und dynastische Bindungen bedachte Politik, als sie der Markgraf Gero an der mittleren Elbe verfolgte. Als Hermann 961 vom König für die Dauer von dessen Italienfeldzug die Vertretung in Sachsen erhielt, dürfte er bereits der mächtigste Große in Sachsen gewesen sein.
Der gefangene Heerführer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die einzige Erwähnung Hermanns bis zum Jahr 953[37] stammt aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und wurde von Dudo von Saint-Quentin verfasst. Danach geriet Hermann zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem Jahr 942 in dänische Gefangenschaft, in der er auch die dänische Sprache erlernte.[38] Matthias Becher leitet aus dieser Nachricht ein Handeln Hermanns in königlichem Auftrag ab. König Otto I. habe geplant, das dänische Festland politisch enger in den Reichsverband einzubinden. In diesem Zusammenhang habe Hermann mit dem königlichen Heer den erfolglosen Versuch unternommen, das von Gorm oder dessen Sohn Harald Blauzahn kontrollierte Jütland zu unterwerfen und sei dabei in Gefangenschaft geraten.[39] Tatsächlich berichtet Widukind von Corvey für das Jahr 939 davon, Sachsen hätte im Norden unter den Dänen zu leiden gehabt.[40] Von einem Feldzug Hermanns gegen die Dänen, und das sogar in königlichem Auftrag, wissen jedoch weder Widukind noch andere Quellen zu berichten.
Der Kampf um die Macht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach dem Tod Wichmanns I. nutzte Hermann die Unmündigkeit seiner Neffen Wichmann II. und Ekbert und versuchte sich als Oberhaupt des Geschlechterverbandes zu etablieren, indem er sich die umfangreichen Besitzungen seines Bruders aneignete.[41] Daraufhin begannen die Wichmannsöhne einen jahrzehntelangen Kampf um ihr Erbe, über den Widukind von Corvey in seiner Sachsengeschichte ausführlich berichtet. Die beiden Brüder warfen Hermann vor, er habe sie um ihr Erbe betrogen und bezeichnetenihn öffentlich als Räuber ihrer Schätze, wobei sie im sächsischen Adel mit ihrer Anklage durchaus Rückhalt fanden. Während des Liudolfinischen Aufstandes 953 lief Wichmann II. in das Lager Liudolfs über, der ihm möglicherweise Unterstützung inder Auseinandersetzung mit Hermann zugesagt hatte. Nach dem Scheitern des Aufstandes setzten Wichmann II. und Ekbert ihren Kampf gegen Hermann unbeirrt fort. Im Winter 954/955 bemächtigten sie sich in ihrer angestammten Heimat einiger Burgen, vermochten diese aber gegen Hermann nicht zu halten, vor dem sie sich mit ihren Gefolgsleuten über die Elbe auf slawisches Gebiet zurückzogen. Dort verschanzten sie sich mit Billigung des abodritischen Samtherrschers Nakon auf der ansonsten unbekannten Burg Suthleiscranne.[42] Auch Nakons Billigung dürfte Ausdruck eines vorangegangenen Freundschaftsbündnisses mit dem verstorbenen Wichmann I. gewesen sein.[43] Nachdem Hermann ein Heer aufgestellt hatte, rückte er im März 955 auf die von den Brüdern verteidigte Burg vor, ohne diese einnehmen zu können. Im Gegenzug drang Wichmann II. nach dem Osterfest als Anführer einer nunmehr überwiegend slawischen Gefolgschaft in sächsisches Gebiet ein. Die Bevölkerung flüchtete sich in die Burg Cocarescemier,[44] die anschließend belagert wurde. Hermann, dessen Heer sich nach dem Fehlschlag vor der Burg Suthleiscranne offenbar bereits aufgelöst hatte, leistete angesichts der Übermacht keinen Entsatz. Er riet den Eingeschlossenen gegen den Willen seiner Gefolgsleute zu Verhandlungen. Es wurde vereinbart, dass die Burg mit allem Hab und Gut gegen das Versprechen freien Abzugs an die Belagerer übergeben wird. Nach Öffnung der Tore kam es in der Burg zu einem Tumult, in dessenFolge die Belagerten von den Siegern massakriert und versklavt wurden, ohne dass Hermann ihnen zu Hilfe eilte. Obwohl Widukind ausdrücklich erklärt, der abodritische Samtherrscher Nakon sei den Sachsen feindlich gesinnt, weiß er von dessen Teilnahme an den Auseinandersetzungen zwischen Hermann und seinem Neffen nichts zu berichten. Stattdessen hebt er hervor, die beteiligten Slawen seien Wichmann II. nur für diesen Raubzug gefolgt.
Die Belagerung der Burg Starigard[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage der Burg Starigard im Nordosten des braun gekennzeichneten Siedlungsgebietes der Wagrier
Zum Jahr 967 berichtet Widukind von Corvey von einem Eingriff Hermanns in das Herrschaftsgefüge der elbslawischen Wagrier, deren Fürsten Selibur er absetzte. Vorausgegangen war ein Streit Seliburs mit einem anderen elbslawischen Kleinkönig, demspäteren abodritischen Samtherrscher Mistiwoj.[45] Hermann ergriff Partei für Mistiwoj und verurteilte Selibur zu einer Zahlung von 15 Talenten Silber. Als Selibur sich daraufhin gegen Hermann auflehnte, drang dieser in Wagrien ein und eroberteSeliburs Burg, wahrscheinlich die Starigard, das heutige Oldenburg in Holstein. Anschließend setzte er den aufrührerischen Selibur ab und ernannte dessen Sohn Sederich zum Fürsten der Wagrier. Obwohl es sich dabei auf den ersten Blick um die Ausübung unmittelbarer Herrschaft Hermanns handelt, ist diese Bewertung in Frage gestellt worden. Zunächst berichtet Widukind nämlich, dass Mistiwoj die Burg belagerte und Hermann mit seinem Heer erst später dort eintraf. Daraus ist geschlossen worden, Selibur habe sich nicht gegen Hermann aufgelehnt, sondern gegen Mistiwoj.[46] Hermann habe keinen eigenen Herrschaftsanspruch durchsetzen wollen, sondern er sei Mistiwoj zu Hilfe geeilt,[47] dessen Oberherrschaft Selibur sich nach dem Tod von Mistiwojs Vorgänger Nakon habe entledigen wollen. Erich Hoffmann nimmt dagegen an, Selibur habe gleichzeitig sowohl Mistiwojs als auch Hermanns Oberherrschaft unterstanden.[48] Ausschlaggebend für Hermanns Eingreifen in den innerabodritischenKonflikt sei ein ganzes Motivbündel gewesen. Neben der Sicherung seines eigenen Herrschaftsanspruches habe er Mistiwoj nicht zuletzt deswegen unterstützt, weil Selibur sich mit Hermanns Erzfeind Wichmann II. verbündet hatte.
Stellvertreter des Königs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für die Dauer seiner Italienaufenthalte 961–966 und 966–973 bestellte Otto I. Hermann zu seinem Vertreter (procurator regis). Bereits während des Luidolfinischen Aufstandes hatte Hermann diese Aufgabe im Jahr 953 kurzzeitig ausgeübt. Ob Hermannzum Stellvertreter ernannt wurde, weil er bereits Herzog in Sachsen war, ob er durch die Stellvertretungen in das Amt des Herzogs hineinwuchs oder ob sich seine Stellung auf die eines Stellvertreters beschränkte ist in der Forschung nicht abschließend geklärt.
Stellvertretungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit der Erhebung Heinrichs I. zum König hatte sich die verfassungsrechtliche Situation in Sachsen grundlegend verändert: Der sächsische Herzog war nun König.[49] Auch Otto I. übte dieses Amt in Personalunion aus. Für die Dauer seiner Abwesenheitaus Sachsen ernannte er Stellvertreter. Ob und in welchem Umfang er diesen Vertretern herzogliche oder sogar königliche Herrschafts- und Gerichtsbefugnisse übertrug, so dass die Vertreter ihre Aufgaben mit Amtsautorität erfüllen konnten, lässtsich aufgrund der uneinheitlichen Quellenlage nur schwer beantworten. Die königliche Hofkanzlei vermied die Bezeichnung Hermanns als dux (Herzog) und verwendete den Titel comes (Graf).[50] Die Bezeichnung als marchio (Markgraf) in einer Königsurkunde aus dem Jahr 956 blieb einmalig.[51] In den zeitgenössischen erzählenden Quellen wurde Hermann demgegenüber als dux bezeichnet.[52]
Zunächst hatte Otto I. Siegfried von Merseburg, den älteren Bruder des späteren Markgrafen Gero, bei Abwesenheit als seinen Stellvertreter eingesetzt.[53] Nach Siegfrieds Tod im Sommer 937 wurde zunächst kein Stellvertreter mehr ernannt. Erst während des Liudolfinischen Aufstands kam es zu einer erneuten Prokuration. Im Juli 953 zog Otto I. mit einem Heer nach Mainz, wo sich sein aufständischer Sohn Liudolf mit einem Heer verschanzt hatte. Otto I. ließ Hermann als seinen Stellvertreterin Sachsen zurück und übertrug ihm möglicherweise das Aufgebotsrecht zur Aufstellung von Truppen. Denn nach wochenlangen, für beide Seiten verlustreichen Kämpfen vor Mainz forderte Otto bei Hermann die Entsendung eines Ersatzheeres an, das Hermann unter der Führung seines Neffen Wichmann II. und des Grafen Dietrich von Haldensleben in Marsch setzte, während er selbst in Sachsen verblieb.
Im August 961 brach Otto zu seinem zweiten Italienzug auf und ließ sich am 2. Februar 962 von Papst Johannes XII. in Rom zum Kaiser krönen; für die Zeit seiner Abwesenheit ernannte er Hermann zu seinem Stellvertreter in Sachsen, der diese Aufgabe bis zur Rückkehr des Kaisers 966 wahrnahm.
Vor dem abermaligen Aufbruch nach Italien ernannte der Kaiser Hermann auf dem Hoftag zu Worms im August 966 erneut zu seinem Stellvertreter in Sachsen. Hermann erwies sich keineswegs als willfähriger Statthalter des Kaisers. Offenbar war er mitzunehmender Abwesenheit Ottos immer weniger bereit, das Amt des procurator Saxoniae ausschließlich im Sinne seines Vollmachtgebers auszuüben. Stattdessen begann er, die Positionen und Ansprüche des sächsischen Adels ebenso wie seine eigenen Interessen gegenüber dem Königtum unabhängig und selbstbewusst zu vertreten.
Im ersten Jahr seiner Vertretung widersetzte er sich auf der von ihm geleiteten Stammesversammlung in Werla 968 offen den Anweisungen des Kaisers. Dieser forderte Hermann und Thietmar in einem Brief auf, den slawischen Redariern keinen Frieden zu gewähren, sondern sie auch nach ihrer jüngsten Niederlage erneut anzugreifen. Der Brief wurde den versammelten sächsischen Adligen verlesen. Diese entschieden sich in Ansehung eines drohenden dänischen Angriffs dafür, den längst gewährten Frieden nicht zu brechen und ihre Kräfte nicht zu zersplittern. Wesentlich problematischer als diese Befehlsverweigerung dürfte für Otto I. jedoch eine andere Entscheidung gewesen sein, die Hermann auf dem Stammestag in Werla fällte. Das Halberstädter Kapitel hatte mit Hildeward von Halberstadt einen erklärten Gegner von Ottos Plänen für die Errichtung eines Magdeburger Erzbistums zum Nachfolger des im Februar verstorbenen Bischofs Bernhard von Hadmersleben gewählt. Hermann bestätigte diese Wahl, ohne mit dem Kaiser Rücksprache genommen zu haben.[54]
Im März 972 berief Hermann Billung als Stellvertreter Ottos I. zu einer Stammesversammlung nach Magdeburg ein, das politische und religiöse Zentrum von Ottos Königsherrschaft nördlich der Alpen. Absprachegemäß[55] wurde Hermann dort von seinem Verwandten, dem Magdeburger Erzbischof Adalbert, wie ein König empfangen: Er geleitete ihn in einer Prozession unter Glockengeläut an der Hand in die hell erleuchtete Kirche. Nach dem Gottesdienst nahm Hermann vor den Augen der anwesenden geistlichen und weltlichen Großen an der Tafel demonstrativ den Platz des Kaisers ein und übernachtete anschließend in dessen Haus, wo er im Bett des Kaisers schlief.[56] Die Ausübung des königlichen Zeremoniells sollte dem in Italien weilenden Kaiserden Unmut über die lange Abwesenheit des Königs von den sächsischen Stammlanden verdeutlichen. Damit Otto I. davon erfuhr, entsandte Hermann Heinrich von Stade nach Italien. Otto soll auf die Nachricht mit einem Wutausbruch reagiert haben, verstand aber die Botschaft und kehrte nach Sachsen zurück.[57]
Herzog in Sachsen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der überwiegende Teil der Forschung beschränkt sich auf die Feststellung, Hermann habe gegen Lebensende die Stellung eines Herzoges in Sachsen ausgeübt. Dabei soll Hermann in diese Position „hineingewachsen“ sein, ohne dass es zu einer förmlichen Einsetzung durch Otto I. gekommen wäre. Denn Nachrichten über eine Ernennung Hermanns zum Herzog sind nicht überliefert. Widukind bezeichnet ihn in seiner Sachsengeschichte ab dem Jahr 953 als Herzog (dux). Adam von Bremen berichtet, Hermann sei der erste Herzog der Sachsen gewesen.[58] Ernst Schubert hat daraus geschlossen, Hermanns Zeitgenossen hätten ihn aufgrund seines Ansehens und seiner Macht im königsfernen Norden als Herzog wahrgenommen.[59]
Demgegenüber hat Matthias Becher die These aufgestellt, Otto I. habe sich 953 angesichts der Bedrohung seiner Herrschaft durch den Luidolfinischen Aufstand dazu entschlossen, mit Hermann Billung einen bewährten Gefolgsmann zum sächsischen Herzogzu erheben.[60] Ziel dieser förmlichen Einsetzung sei es gewesen, den Rücken für die Bekämpfung der Aufständischen in Ostfranken und in Baiern freizubekommen. Als Herzog habe Hermann die jahrelangen Auseinandersetzungen und die Italienaufenthalte Ottos aber auch genutzt, seine Stellung immer mehr auszubauen, so dass er nach Bechers Auffassung am Ende sogar wie ein „königsgleicher Herzog“ aufgetreten sei. Als Beleg führt Becher Hermanns Auftreten auf der Versammlung der sächsischen Großen in Werla, die Einsetzung des Halberstädter Bischofs und die Usurpation des königlichen Zeremoniells beim Einzug in Magdeburg an. Da all dies ohne die Zustimmung des sächsischen Adels nicht möglich gewesen wäre, müsse in Herrmann der neue Repräsentant Sachsens erkannt werden, an dem es dem „sächsischen Volk“ seit der Abwendung Heinrichs I. von seiner Heimatprovinz gefehlt habe.
Tod und Gedenken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grabplatte in der St. Michaeliskirche Lüneburg
Hermann starb am 27. März 973 in Quedlinburg. Sein Leichnam wurde in der Kirche des Michaelisklosters auf dem Kalkberg in Lüneburg beigesetzt.
Kaiser Otto I. hatte nach seiner Rückkehr aus Italien die Großen des Reiches in Quedlinburg versammelt, um mit ihnen das Osterfest zu feiern. Auch Hermann scheint an den Feierlichkeiten teilgenommen zu haben. Vier Tage nach dem Osterfest notieren die Quellen seinen Tod zum 27. März 973 in Quedlinburg. Sein Sohn Bernhard I. veranlasste die Überführung des Leichnams nach Lüneburg, wo die Grablege in der Kirche des von Hermann gestifteten Michaelisklosters erfolgen sollte. Dieses befand sich bis 1376 in der Burg der Billunger auf dem Lüneburger Kalkberg, ehe es abgebrochen und in die Stadt verlegt wurde. Hermanns Bestattung scheiterte jedoch zunächst an einem durch den Verdener Bischof Brun gegen ihn ausgesprochenem Kirchenbann.Der Grund für diesen Bann ist nicht überliefert. Möglicherweise handelte Brun aus persönlichen Beweggründen. Denn bei ihm könnte es sich um einen Bruder Wichmanns des Jüngeren und Ekbert des Einäugigen handeln,[61] die Hermann angeklagt hatten,sie um ihr väterliches Erbe gebracht zu haben. Der Bann kann nicht von Dauer gewesen sein, da die Chronik im Nekrolog der Kirche St. Michael in Lüneburg von einer Bestattung Hermanns berichtet.[62] Möglicherweise erfolgte die Aufhebung nach demTod Bischof Bruns im Jahr 976, sodass Hermann erst Jahre nach seinem Tod medio monasteri, also in der Stiftskirche des Michaelisklosters, beigesetzt werden konnte.
Memorialeinträge zu seinem Gedenken finden sich neben dem Eintrag im Nekrolog der Kirche St. Michael in Lüneburg in den Totenbüchern von Fulda, Merseburg, Vreden, Xanten und des Klosters Möllenbeck.
Quellenlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Quellenlage zu Hermann gilt trotz der Quellenarmut des 10. Jahrhunderts als verhältnismäßig günstig. Neben einigen Erwähnungen in Königsurkunden berichtet der Corveyer Mönch Widukind in seiner 967–973 abgefassten Sachsengeschichte sehr ausführlich von Hermann und seinen innerfamiliären Auseinandersetzungen. Dabei scheint eine auf Verwandtschaft begründete Zuneigung Widukinds zu Wichmann I. und seinen Söhnen eine Rolle zu spielen. Nach dem Ende des Berichtszeitraumes liegen mit derzwischen 1012 und 1018 entstandenen Chronik des Thietmar von Merseburg und der Hamburger Kirchengeschichte Adam von Bremens aus der Zeit um das Jahr 1070 zwar ergiebige, aber keine zeitgenössischen Quellen mehr vor. Dasselbe gilt für die erst im12. Jahrhundert entstandene Reichschronik des Annalista Saxo. Insbesondere der Bericht Adams von Bremen gilt in der Forschung aufgrund der vielen legendenhaften Ausschmückungen als fragwürdig.[63] Originäre Informationen zu Hermann enthalten dagegen wieder die Nekrologe von Lüneburg und Merseburg sowie verschiedene Annalen.
Forschungsperspektiven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vorherrschende Forschungsperspektive ist Hermanns verfassungsrechtliche Stellung. Daneben hat sich die Geschichtswissenschaft mit Herrmann vorrangig im Rahmen personengeschichtlicher Untersuchungen und vor dem Hintergrund seines vermeintlichen Markgrafenamtes befasst.
Verfassungsrechtliche Stellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unter dem Titel Hermann Herzog von Sachsen. legte der Archivar des Klosters St. Michaelis in Lüneburg, Anton Christian Wedekind, im Jahre 1817 eine der ersten wissenschaftlichen Arbeiten zu Hermann vor.[64] Darin gelangte er zu dem Ergebnis, Hermann sei vor dem zweiten Italienzug 961 zum erblichen Herzog von Sachsen ernannt worden.[65] Trotz der Ernennung durch den König habe er ausschließlich eigene, aber keine vom König verliehenen Herrschaftsbefugnisse ausgeübt.[66] Ernst Steindorffergänzte dieses Ergebnis in seiner 1863 erschienen Dissertation[67] um das Verhältnis Hermanns zu den sächsischen Adeligen. Unter diesen sei Hermann nur erster unter Gleichen gewesen. Weder habe er alleine den Stamm gegenüber dem König noch umgekehrt den König gegenüber dem Stamm vertreten.[68] Daraufhin stellte Ludwig Weiland fest, Hermanns Herzogtum habe dem Wesen des Herzogsamtes nicht entsprochen.[69] Diese These vom „unechten Herzogtum“ Hermanns und seiner Nachfahren beeinflusstdie Forschung bis heute.[70] Karl Jordan fasste Hermanns Herzogstellung als Ausgangspunkt einer Entwicklung zusammen, an deren Beginn er den König gegenüber dem Stamm der Sachsen vertrat, während sich das Herzogsamt unter seinen Nachkommen zum Vertreter des Stammes gegenüber dem König wandelte.[71] Bereits in einem Aufsatz aus dem Jahr 1966 hatte Jordan die verfassungsrechtliche Stellung Hermanns und seiner Nachfahren durch die Bezeichnung als eines Herzogs nicht von, sondern in Sachsen geprägt.[72] In seiner 1994 erschienen Habilitationsschrift befasste sich Matthias Becher mit Hermanns Aufstieg zum sächsischen Herzog. Nach seiner Auffassung wurde Hermann 953 zum ständigen vizeköniglichen Herzog für Sachsen ernannt. In seiner 2014 veröffentlichten Kaiserbiographie zu Otto dem Großen wiederholte Becher diese Einschätzung zwar, doch blieb ihr trotz einer anfänglich freundlichen Aufnahme durch die Kritik[73] eine breite Rezeption bislang versagt. Eine anderen Blickwinkel nahm 1997 Ernst Schubert ein. Seiner Auffassung nach bringen die verfassungsrechtlichen Bezeichnungen der Quellen nicht zum Ausdruck, welche Befugnisse Otto I. Hermann verliehen hatte, sondern was Hermann aus seiner Stellung als princeps militiae und Oberhaupt des mächtigsten Geschlechterverbandes im Norden gemacht hatte und welcher Rang ihm deshalb in den Augen der Zeitgenossen zuteil wurde.[74]
Personengeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach dem Zweiten Weltkrieg legte Ruth Bork eine Dissertation über die personengeschichtlichen Verhältnisse der Billunger vor, in der sie Hermann und seine Familie ausführlich behandelte. Dabei stellte sie unter anderem fest, dass Hermann mit Odaund nicht mit Hildegard verheiratet war und es sich bei der Herforder Äbtissin Imma nicht um Hermanns Tochter, sondern um seine Enkelin handelte. Einen noch tieferen Einblick in die inneren Strukturen von Hermanns Familie gewann Gerd Althoff 1984 durch die Auswertung der Totenbücher von Lüneburg und Merseburg. Danach gehörte Hermann als Angehöriger der Nachfahren Widukinds zwar zum bedeutendsten Geschlechterverband in Sachsen, die Einträge im Nekrolog des St. Michaelisklosters in Lüneburg spiegeln jedoch zunächst vornehmlich die Gedenkbeziehungen seines älteren Bruders Wichmann wider, die durch Hermann oder sogar erst durch seinen Sohn und Nachfolger Bernhard I. von einem anderen Gedenkort nach Lüneburg übertragen wurden.
Markgraf über die Slawen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hermann gilt dem überwiegenden Teil der Forschung bis heute als „Paradebeispiel“ eines ottonischen Markgrafen über die Slawen.[75] Bereits im Jahr 936 habe Otto I. Hermann dauerhaft mit der Grenzsicherung im Nordosten beauftragt, auch wenn er zunächst noch nicht als Markgraf tituliert worden sei.[76] Seiner markgräflichen Gewalt sollen neben den benachbarten Wagriern und Abodriten auch die rund 200 km östlich der Elbe siedelnden Redarier unterstanden haben.[77] Hermann habe die slawischen Stämme „in straffer Abhängigkeit“ vom Reich gehalten [78] und über deren Fürsten „eine Art mittelbare Herrschaft“ ausgeübt.[79]
Tatsächlich wird Hermann in einer königlichen Urkunde aus dem Jahr 956 als Markgraf bezeichnet.[80] Die Urkunde gilt jedoch grade insoweit als zweifelhaft.[81] Eine Mark Hermanns ist den Schriftquellen gänzlich unbekannt.[82] Die regelmäßig aufWidukind[83] gestützte Auffassung einer Oberherrschaft Hermanns über den wagrischen Kleinkönig Selibur und den späteren abodritischen Samtherrscher Mistiwoj ist nicht zwingend. Die Historikerin Andrea Stieldorf hat darauf hingewiesen, dass die Vorstellung von einer Mark Hermanns auf überholte verfassungsrechtliche Thesen des Rechtshistorikers Georg Waitz aus dem 19. Jahrhundert zurückgeht. Waitz hatte die verfassungsrechtliche Situation des 19. Jahrhunderts auf das Mittelalter übertragen und angenommen, die ottonischen Herrscher hätten die Grenzzonen ihres Reiches systematisch in Marken unterteilt. Diese Gebiete wären anschließend der Verwaltung eines Markgrafen unterstellt worden, den der Herrscher zur Grenzverteidigung mitbesonderen militärischen Befugnissen ausgestattet hätte. Ihrer Meinung nach habe Hermann gegenüber den weitgehend unabhängig agierenden Elbslawen im Nordosten eine eher integrative Politik verfolgt.[84] Seine starke Stellung im Grenzgebiet habenicht auf vom König verliehenen militärischen Sonderbefugnissen, sondern auf den riesigen Besitzungen im Raum Lüneburg beruht, die Hermann im eigenen Interesse verteidigt habe. Auch Ernst Schubert meint, nicht „Überherrschaftung“ und Tribute, sondern ein möglichst friedliches Miteinander mit den benachbarten Elbslawen sei das Ziel von Hermanns Politik gewesen.[85] Parallel dazu hatte Erich Hoffmann die Frage aufgeworfen, wie die Vorstellung von einer Oberherrschaft Hermanns über die Abodriten mit der starken Machtposition der abodritischen Samtherrscher vereinbar sei.[86]

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Titel Martins neu Stand Jan 2017
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Hochgeladen 2020-05-03 14:50:48.0
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