Karl MARTELL

Karl MARTELL

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Karl MARTELL [1]

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt 689 [2]
Tod 22. Oktober 741 [3]
Profession [4]

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder

Rotrude
Heirat Ehepartner Kinder

Ruodhaid
Heirat Ehepartner Kinder

Swanahild

Notizen zu dieser Person

Karl Martell ("der Hammer") Fränkischer Hausmeier ------------------------------------ um 688-15. oder 22.10.741 Pfalz Quierzy Begraben: St. Denis Illegitimer Sohn des fränkischen Hausmeiers Pippin der Mittlere undder Chalpaida Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 954 ******************** Karl Martell, fränkischer Hausmeier ---------------- * ca. 688/89, + 22. Oktober 741 Quierzy Begraben: St. Denis Pippin II. der Mittlere, dessen als Nachfolger vorgesehener SohnGrimoald II. im April 714 ermordet worden war, bestimmte kurz vorseinem Tod (16. Dezember 714) dessen Sohn Theudoald zum Hausmeier undschloß seinen Sohn aus einer Friedelehe mit Chalpaida, Karl Martellvon der Nachfolge aus; seine Witwe Plektrud setzte Karl in Kölngefangen. Er entkam und errang in zähem Kampf gegen Plektrud und dieNeustrier unter ihrem Hausmeier Raganfrid (Siege bei Ambleve 716 undVinchy 717) zunächst die Herrschaft in Austrasien, dem er mit ChlotharIV. (717-720) einen eigenen König gab. Die inwischen mit Eudo, Herzogvon Aquitanien, verbündeten Neustrier schlug er bei Soissons 718(nicht 719; vgl. Semmler) und erlangte schließllich die Anerkennungals gesamtfränkischer Hausmeier, zumal er nach Chlothars IV. Tod denneustrischen König Chilperich II. anerkannte; nach dessen Tod 721setzte er den nur den Namen nach bekannten Theuderich IV. (+ 737) ein. Jahr für Jahr zog er nun ins Feld, um die fränkische Reichsgewalt zusichern und auszuweiten: gegen die Sachsen, die Friesen (Herrschaftüber W-Friesland gesichert), die Aquitanier (720 Friede mit Eudo), dieThüringer (Herzogtum erloschen), die Alamannen (um 740 Ende deselsässischen Herzogtums), die Bayern, nach Burgund und in dieProvence. Die schwersten und langwierigsten Kämpfe galten der 'gensperfida' der Sarazenen: ihren Vorstoß von Spanien her stoppte er imOktober 732 mit dem (später oft überschätzten) Sieg bei poitiers unddrängte sie in zahlreichen Kämpfen (737 Siege bei Avignon und an derBerre südlich Narbonne) aus S-Gallien heraus; lediglich Septimanienblieb in ihrer Hand, während Burgund und die Provence nun in diefränkische Grafschaftsverfassung einbezogen wurden. Zur Finanzierung der zahlreichen Feldzüge griff Karl Martell aufKirchengut zurück, das er seinen Vasallen als Leihe zuteilte: diese inder Forschung oft unzutreffend als "Säkularisationen" bezeichnetenMaßnahmen haben in den Quellen seit Hinkmar von Reims das Bild Karlsals "Kirchenräuber" verdunkelt; daß sie nicht antiklerikaler Haltungentsprangen, zeigt Karls Förderung der Missionare und KlostergründerWillibrord (Utrecht, Echternach); Pirmin (Reichenau, Murbach) undBonifatius (Schutzbrief 723). Auf das Hilfegesuch des von denLangobarden bedrängten Papstes Gregor III., der ihn mit dem römischen'Konsulat' (gemeint wohl Patriziat) auszeichnete, reagierte erallerdings ausweichend: er war doch selbst im Sarazenenkampf von denLangobarden militärisch unterstützut worden und hatte seinen jüngerenSohn Pippin von König Liutprand adoptieren lassen. Der erste 'KAROLINGER' Karl urkundete korrekt als 'maior domus' unterden merowingischen Schattenkönigen, regierte aber praktisch dasFrankenreich ("rexitque populum Francorum ann, 27", Cont. Fredeg. 8)und ließ seit 737 sogar den Thron unbesetzt, ohne selbst nach derKönigswürde zu greifen. Die Chronisten bezeichnen ihn als 'dux' und'princeps', die Päpste zuweilen als 'patricius'und 'subregulus'. Wieein König teilte er vor seinem Tod das Reich unter seine Söhne auserster Ehe (mit Chrotrud), Karlmann (Austrasien mit Alemannien undThüringen) und Pippin dem Jüngeren (Neustrien mit Burgund und derProvence), während Grifo, der Sohn aus seiner zweiten Ehe mit derAGILOLFINGERIN Swanahild, im Reichsinneren ausgestattet werden sollte(was zu ständigewn Spannungen unter den Brüdern führte). Der 'egregius bellator' Karl wird seit dem 9. Jh. mit dem Beinamen'der Hammer' ('Tudes', 'Tudites', 'Martellus') ausgezeichnet, lebtaber andererseits (seit Hinkmar) als der im Jenseits verdammteKirchenräuber fort. Quellen: ----------- MGH DD Merov. - Liber hist. Fr. 51-53 (MGH SRM II) - Cont. Fredeg.8-24 (MGH SRM II) - Isidori cont. Hispana (MGH AA XI) - Ann. Mettensespriores (MGH SRG 10) - Literatur: ------------ NDB XI, 156f. - Th. Breysig, Jbb. des frk. Reiches 714-741, 1869 - H.L. Mikoletzky, K.M. und Grifo (Fschr. der arnulf. Hausmeier, ADipl11/12, 1965/66, 71-279 - U. Nonn, Das Bild K M.s in den lat. Q.vornehml. des 8. und 9. Jh., FMASt 4, 1970, 70-137 - E. Hlawitschka,K. M., das Röm. Konsulat und der Röm. Senat (Fschr. E. Ennen, 1972),74-90 - U. Nonn, Vom maior domus zum rex. Die Auffassun von K. M.sStellung im Spiegel der Titular, RhVjbll 37, 1973, 107-116 - J.Semmler, Die pippinid.-karol. Sukzessionskrise 714-723, DA 33, 1977,1-36 - J. Jarnut, Untersuchungen zur Herkunft Swanhilds, der GattinK.M.s, ZBLG 40, 1977, 245-249 - U. Nonn, Die Schlacht bei Poitiers ...(Beitr. zur Gesch. des Regnum Francorum, hg. R. Schieffer, 1990),37-56. - -------------------------------------------------------------------------------- Hlawitschka Eduard: Seite 78 ***************** "Die Vorfahren Karls des Großen" 31 Karl Martell -------------------- Belege zur Filiation bei Nr. 16. In den Ann. Mett. prior., hrsg. vonB. v. Simon, Seite 19 und 20, wird Plektrud, Pippins des MittlerenGemahlin, überdies Karls noverca genannt. - Zu der ihm wiederholtzugeschriebenen Tochter Aldana vgl. bei Nr. 26. - Seine Urkunden MG.DD. Merow., Seite 97 bis 102, weiteres BM² 301-43a. -------------------------------------------------------------------------------- Anfangs versuchte Plektrudis, Witwe Pippins, die Gewalt in der Hand zubehalten. Karl griff bei der Belehnung von Vasallen, die er zurDurchführung seiner zahlreichen Eroberungszüge benötigte, auf dasKirchengut zurück. Es gelang ihm, die Einheit des Frankenreiches zusichern. Karl schlug bei Ambleve und Vincy (12.3.717) dieopponierenden Großen aus Neustrien und führte nun auch hier dieHerrschaft als Hausmeier. Nach dem Tode des Herzogs Radbod (719)festigte Karl die vorübergehend verloren gegangene fränkischeHerrschaft in W-Friesland. Durch zwei Feldzüge (725-728) brachte Karldas Herzogtum Bayern in lose Abhängigkeit vom Frankenreich. Am7.10.732 schlug er zwischen Tours und Poitiers die Araber. Das von denArabern am meisten bedrohte Burgund, Aquitanien und die Provencewurden fester ins fränkische Reich eingegliedert. Nach dem Tod desMEROWINGER-Königs Theuderich IV. gelang es ihm, die Nachfolge einesneuen Königs zu verhindern. Karl verfügte souverän über dieHausmeierwürde. Vor seinem Tode teilte er das fränkische Reich unterseine Söhne Karlmann (Osten) und Pippin den Kleinen (Westen). Schnith Karl: *********** "Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern" Karl Martell war während seiner gesamten Herrschaft ein sehrkriegerischer Fürst; lediglich zum Jahr 740 - also kurz vor seinem Tod- berichten die Annalen davon, dass es ausnahmsweise keinen Kriegszuggegeben habe. Die schwersten Kämpfe hatte Karl in Aquitanien und inden Gebieten östlich des Rheins zu bestehen; in Aquitanien mußte ernicht nur die vorstoßenden Sarazenen zurückschlagen, sondern auchversuchen, die seit längerer Zeit dem Zugriff der Franken sichentziehenden Aquitanier wieder zu unterwerfen; ein endgültiger Siegist hier von Karl nicht erreicht worden. Die Beziehungen zur Kirche waren - anders als es die kritischenStimmen seit Ende des 9. Jahrhunderts vermuten lassen - nichtgespannt, sondern zeitweise sogar sehr eng. Bonifatius hat sich wederbeim Papst noch bei anderen Briefpartnern darüber beklagt, dass derHausmeier seine Missions- und Organisationspläne behindert hätte. Esist wohl kaum ein hemmendes Einwirken Karl Martells zurückzuführen,dass es Bonifatius bis 741 nicht gelungen ist, die für Hessen undThüringen geplanten Bistümer zu errichten. In die Zeit Karl Martells fallen die ersten eindeutigen Versuche desPapsttums, die Franken als Bündnispartner gegen die im 8. Jahrhunderterneut expandierenden Langobarden zu gewinnen, nachdem die Beziehungenzum Kaisertum in Konstantinopel seit der Unterstützung derBilderfeinde durch den Kaiser gespannt waren. Karl Martell hatallerdings das Hilfsgesuch des Papstes Gregor III. im Jahre 739 nichtzum Anlaß genommen, in Italien auf der Seite des Papstes einzugreifen.Karl lehnte ein Eingreifen gegen die Langobarden ab, weil sie ihngegen die Sarazenen so nachhaltig unterstützt hatten. Gegen Ende seines Lebens wurde die königsgleiche Stellung KarlMartells von den Zeitgenossen durchaus gewürdigt; einige Annalensprechen 741 davon, dass der König gestorben sei. Und die unter derAufsicht eines KAROLINGERS redigierte Fortsetzung der Chronik dessogenannten Fredegar läßt Karl als das Abbild des Josua erscheinen,der wie Karl Martell zwar ebenfalls nicht den Titel, aber doch dieMacht eines Königs besessen hatte und der vor allem als kriegerischerSchöpfer des Reiches Israel hervorgetreten war. Als Karl Martell am 22.10.741 starb, hatte er das Frankenreich wie einKönig unter seine beiden Söhne Karlmann und Pippin aufgeteilt. Diesewaren beim Tode ihres Vaters ungefähr 30 (Karlmann) und 27 (Pippin)Jahre alt. Karlmann als der ältere erhielt Austrasien, dazu Alemannienund Thüringen; Pippin wurden Neustrien, Burgund und die Provenceübergeben, aber auch er hat anscheinend einen gewissen Anteil am inAustrasien gelegenen Hausgut erhalten. Kurz vor seinem Tod hatte KarlMartell noch sein Testament geändert, um auch seinen Sohn Grifo (auseiner zweiten Ehe) mit einem Reichsteil zu bedenken. Noch 741 scheintes zu Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern gekommen zu sein,wobei Karlmann und Pippin die Initiative zum Kampf gegen ihrenStiefbruder Grifo ergriffen. -------------------------------------------------------------------------------- Schieffer Rudolf: ************** "Die Karolinger" Dass Karl, der vor 714 in keiner für uns erkennbaren Weisehervorgetreten war, aus anfänglicher Defensive heraus letztlich derSieger wurde, erinnert an den Aufstieg seines Vaters Pippin, dergleichfalls die austrischen Kräfte im entscheidenden Augenblick zubündeln verstanden hatte, und spricht zugleich für KarlsEntschlußkraft und Führungsstärke, die sich auch später zeigen solltenund ihm seit den ausgehenden 9. Jahrhundert den Beinamen Martell ("derHammer") eingetragen haben. Der Glanz der Sieghaftigkeit, der ihn baldumstrahlte, überstrahlte die dynastisch besser begründeten Rechteseines Stiefneffen aus der Nachkommenschaft der vornehmen Plektrud,die mit ihrem Erbteil einst Pippin ganz wesentlich emporgeholfen zuhaben scheint; allerdings dürfte auch ihre Nebenbuhlerin Chalpaida,Karls Mutter, die mit Pippin gemäß germanischer Herkommen in derweniger verbindlichen Form der Friedelehe verbunden war, vonbeachtlicher (freilich nicht näher bestimmbarer) Abkunft gewesen sein,was sich allein schon daraus ergibt, dass uns ihr Name überhauptbekannt ist, im Unterschied zu jener Konkubine Pippins, deren SohnChildebranddenn auch nur gedämpften politischen Ehrgeiz an den Taglegte. Trotz solcher Abstufungen wäre der Erfolg Karl Martells gewißnicht ohne das persönliche Merkmal zupackender Energie eingetreten,das ihn in den Augen der Zeitgenossen zur Herrschaft befähigte.Dadurch erst vermochte er der Geschichte seiner Familie eine neueRichtung zu geben, und dies drückt sich sinnfällig darin aus, dass derzuvor nirgends belegte, also traditionslose Name zum Leitnamen unterseinen Deszendenten wurde, die wir daher KAROLINGER nennen. Für den Umbruch ist bezeichnend, dass Plektrud, die zu Lebzeiten ihresGatten in den Quellen mit rühmenden Superlativen geschmückt wurde, nunals Witwe sogleich die Züge der bösen Stiefmutter annimmt, die Karlränkevoll um das väterliche Erbe zu bringen versuchte. Tatsächlichlagen um die Jahreswende 714/15 die Machtmittel und die politischeInitiative zunächst bei ihr. Sie ließ den Stiefsohn in Gewahrsamnehmen und leitete unter Berufung auf Pippinsletzten Willen eineHerrschaftsordnung in die Wege, nach der ihr Enkel Theudeoald alsHausmeier König Dagoberts III. vorwiegend in Neustrien und sein VetterArnulf, einer der Söhne Drogos, mit dem Titel eines dux in Austrienfungieren sollten, ihr selbst aber von Köln aus, wo sie sichniederließ, die höchste Autorität verblieb: "Plektrud lenkte nun allesmit ihren Enkeln und dem König in heimlicher Regentschaft", schreibtdas "Buch der Frankengeschichte" dieses Konzept, bei dem Plektruddaran gedacht haben mag, dass ihr verstorbener Gatte gleichfalls vieleJahre lang ohne förmliches Amt die Fäden in der Hand behalten hatte.Tatsächlich brachte sie aber eben nicht dieselben Voraussetzungen fürein solches discretum regimen mit wie der kampferprobte Pippin,weshalb es den neustrischen Gegnern der Dynastie offenbar leicht fiel,unter Hinweis auf die unangebrachte Zügelführung einer Frau zum Sturmzu blasen. Die alten Gräben wurden wieder aufgerissen und schon binnenJahresfrist kam es am 26.9.715 bei Compiegne zu einem blutigenZusammenstoß, bei dem Theudoald den kürzeren zog und die Neustriererstmals seit Tertry (687) die Oberhand in der Francia gewannen. Siebemächtigten sich des Königs Dagobert und brachten ihn dazu, einen derIhren, den nördlich von Paris begüterten Raganfrid, zum Hausmeier zumachen an Stelle des geflohenen Theudoald, der bald nach seinerNiederlage umgekommen zu sein scheint. Da Dagobert III. im Winter715/16 starb, kamen Raganfrid und sein Anhang rasch in die Lage, ganznach dem Vorbild Pippinseinen weiteren MEROWINGER als nominellen Königbestimmen zu können. Sie entschieden sich für einen früher in denKlerus abgeschobenen Sohn Childerichs II., der sich fortan ChilperichII. nannte, und den zu neuem Selbstbewußtsein erstarkten Neustriernfür das bevorstehende Ringen um Auster den legitimierenden Rückhaltbot. Wie schlecht die Sache der PIPPINIDEN mittlerweile stand, wurdedeutlich, als Raganfrids Leute nicht mehr zu hindern waren, plünderndin die Ardennen und bis zur Maas vorzustoßen, also nach derangestammten Machtbasis ihrer Gegner zu greifen. Im Zusammenspiel mitden Friesen unter Radbod (dem Schwiegervater des ermordeten Grimoald),die rheinaufwärts heranrückten, wurde im Frühjahr 716 sogar Köln dasZiel ihres Angriffs, wo der bedrängten Plektrud schließlich nichtsübrig blieb, als Chilperich und seinem Hausmeier ansehnliche Schätzeauszuhändigen. Erst dieses offenkundige Scheitern der Witwe Pippinsschuf diehistorische Situation, in der Karl Martells Aufstieg möglich wurde.Der damals 25 bis 30 Jahre alte Sohn Chalpaidas hatte sich der Haftseiner Stiefmutter entwinden können und sah nun seine Chance darin,statt ihrer als wirksamer Retter der austrischen Suprematie und damitals der wahre politische Erbe seiner Vorfahren aufzutreten. DenZustrom von Anhängern, die er zur Durchsetzung seines Machtanspruchsbrauchte, konnte er nun in Gang setzen, wenn er im bewaffneten KampfZutrauen zu seiner Schlagkraft weckte. So trat er zunächst den Friesenentgegen und ließ sich auch durch eine empfindliche Niederlage, dieihn zur Flucht zwang, nicht entmutigen. Vielmehr setzte erkurzentschlossen den abrückenden Neustriern nach und konnte ihnen beiAmbleve in den Ardennen eine erste Schlappe beibringen. Der Erfolg wardurchaus begrenzt und bestand wohl nur darin, dem weiteren Zerfall derpippinidischen Klientel Einhalt geboten und auf die eigeneEntschlossenheit aufmerksam gemacht zu haben. In der doppeltenRebellion gegen die neustrische Reichsregierung wie auch gegen diebisher tonangebende austrische Führungsgruppe um Plektrud verharrend,sammelte Karl Martell indes weitere Kräfte hinter sich und war übersJahr imstande, Chilperich II. und Raganfrid am 21.3.717 bei Vinchy imCambresis siegreich aus dem Felde zu schlagen. Erst nachdem er indieser Weise den Austriern insgesamt wieder Geltung verschafft hatte,wandte er sich gegen Köln und erzwang von der Stiefmutter dieförmliche Anerkennung seiner Rechte. Plektrud gab ihre politischenAmbitionen auf und ging in den folgenden Jahren als Stifterin desKölner Konvents von St. Maria im Kapitol in die Geschichte ein,während Karls Position an der Spitze der Austrier niemand mehranzufechten wagte. Mit der Einsetzung eines eigenen merowingischenKönigs namens Chlothar IV. erhob er offen den Anspruch aufGleichrangigkeit mit seinem Gegenspieler Raganfrid, der sichseinerseits mit Eudo, dem dux von Aquitanien, verbündete. DieEntscheidung fiel, als Karl - wohl schon im Frühjahr oder Sommer 718vor den Mauern von Soissons aus der Defensive heraus den Durchbruchnach Paris und weiter bis zur Loire erkämpfen konnte. Eudo unterwarfsich und lieferte den mitgeführten neustrischen König Chilperich II.samt dessen Schätzen dem Sieger aus. Da Chlothar IV. rasch gestorbenwar, bot sich die Lösung an, dass Karl den überlebenden MEROWINGERunter seine Kuratel nahm, von ihm das Hausmeieramt empfing (ab 720bezeugt) und damit auch formal den Rivalen Raganfrid verdrängte, derindes eine lokale Herrschaft im Anjou bis zu seinem Tode (731)behauptete. Die "größte Verwirrung im Volk der Franken", als welche die MetzerAnnalen die "pippinidisch-karolingische Sukzessionskrise" (J. Semmler)nach 714 bezeichnen, war mehr als nur ein vorübergehender Rückschlagim stetigen Machtzuwachs der Dynastie. Es wird in den kargen Quelleneigens hervorgehoben, dass es die Gefolgsleute (leudes) Pippins,Grimoaldsund Theudoalds gewesen waren, die zunächst bei Compiegne denNeustriern unterlagen, dass aber Karl Martell sich dann ein neues Heer"aus tüchtigen und vornehmen Männern" schuf, um seine Stiefmutterauszuschalten und die Vorherrschaft der Austrier bei Ambleve, Vinchyund vor Soissons wiederherzustellen. Die Umschichtung imüberschaubaren Kreis der Herrschaftsträger läßt sich veranschaulichenan der Gestalt Bischof Rigoberts von Reims, der als einstiger TaufpateKarls ganz gewiß zu den Vertrauten Pippins des Mittleren gehört hatte,718 jedoch in der entscheidenden Phase des Machtkampfs einezwielichtige Haltung einnahm und daher vom siegreichen Hausmeierseines Amtes enthoben wurde; an seine Stelle trat Bischof Liutwin vonTrier, offenbar ein zuverlässiger Parteigänger Karls, der fortan beideKirchen und dazu vielleicht noch die von Laon verwaltete und diesekirchenrechtlich unzulässige Personalunion auch noch auf Jahrzehnteseinem Sohn Milo vererben durfte. Erst recht zu den Verlierern zähltder dux Arnulf, Drogos Sohn, der 715/15 im Bunde mit Plektruds anderemEnkel Theudoald Karl Martellzur Seite zu schieben versucht hatte und723 zusammen mit einem ungenannten Bruder in der Haft des Stiefonkelsumkam, wohingegen ein weiterer Bruder namens Hugo, zwischen 713 und715 zum Priester geweiht, rechtzeitig die Fronten gewechselt hatte undnach 719 als Verwalter der Bistümer Paris, Rouen, Bayeux, Lisieux undAvranches sowie die Abteien Saint-Denis, Saint-Wandrille und Jumiegeszu einer Hauptstütze der karolingischen Dominanz in Neustrien wurde.In seiner Nachbarschaft fungierte dort der dux Robert, der seinenStammsitz im (heutigen belgischen) Henne- und Hasbengau, also inAuster, hatte und durch wiederholte Anwesenheit beiGerichtsverhandlungen des Hausmeiers als dessen besondererVertrauensmann zu erkennen ist. Auch die urkundwissenschaftlicheForschung hat festgestellt, dass Karl "nach seinem Sieg überChilperich und Raganfrid nicht mehr an die alte Hofämtertraditionanknüpfte" (I. Heidrich) und sich allmählich eine neuartige "Kanzlei"aufbaute. Im Besitz der seit 718/19 gesicherten Macht über die Francia verhieltsich Karl Martell in mancher Hinsicht anders als sein Vater Pippin inden Jahren nach Tertry. Vor allem weist sein Regiment eine vielstärker persönliche Prägung auf, was schon daran sichtbar wird, dasser sich Amt und Titel eines Hausmeiers auch innerhalb seiner Familiezeitlebens allein vorbehielt. Seine Gattin Chrodtrud aus nicht näherbekanntem Adel tritt in keiner seiner Urkunden und in keinererzählenden Quelle als mithandelnd in Erscheinung und wird überhauptnur anläßlich ihres Todes (725) in verschiedenen Annalen vermerkt; siehat an Karls Seite gewiß keine mit Plektrud vergleichbare Rollegespielt. Von ihren Söhnen Karlmann und Pippin (dem Jüngeren), die sieneben einer Tochter Hiltrud gebar, findet sich lediglich der ältere723 einmal mit seinem Handzeichen in einer Urkunde des Vaters (und istdamit wohl damals als erwachsen bezeugt), doch blieb er ebenso wiePippin vor dem Tode Karls ohne jede offizielle Funktion. Während unterden Abkömmlingen der Stiefmutter Plektrud einzig der erwähnte Hugo (+730) als Inhaber bedeutender neustrischer Bistümer und Abteien zueiner führenden Stellung kam, war Karls illegitimer HalbbruderChildebrand, der über Besitz in der Gegend von Melun verfügte, bloßmit einem regionalen Kommando in Burgund und dem Grafentitelausgestattet. Er hat sich eher einen Namen dadurch gemacht, dass erspäter eine Fortschreibung des sogenannten Fredegar zu "einerFamilienchronik des karolingischen Hauses" (W. Levison) für die Jahre736 bis 751 veranlaßt und darin mit seinem Sohne Nibelung auch nocheinen Nachfolger für die Zeit bis 768 fand. Erst recht im Hintergrundstanden drei weitere Söhne Karls namens Bernhard, Hieronymus undRemedius (Remigius), die er von einer Nebenfrau mit dem vermutlichenNamen Ruodhaid hatte. Alle Fäden liefen, so scheint es, mehr als 20Jahre lang bei dem Hausmeier zusammen, der allerdings insofern derpolitischen Tradition seines Hauses treu blieb, als er die bloßeInstitution des Königtums auch weiterhin nicht antastete. Ein folgenschwerer Unterschied zu Pippin lag ferner darin, dass sichKarl Martell keineswegs mit dem Gewinn der Vorherrschaft in derFrancia begnügte, sondern sogleich daran ging, seine Macht nach allenRichtungen hin zu erweitern, bis an die äußeren Grenzen desMEROWINGER-Reiches und womöglich noch darüber hinaus. DieseExpansionspolitik ergab sich mit einer gewissen Zwangsläufigkeit ausden Erfahrungen der Sukzessionskrise nach 714, in die von derPeripherie her Friesen, Sachsen und Aquitanier gegen Karl und seineAustrier eingegriffen hatten. Offenkundig war zudem geworden, dass dieauf Distanz zu den Hausmeiern bedachten rechtsrheinischen Herzögeleicht versucht waren, sich mit innerfränkischen Rivalen derKAROLINGER zu verbünden oder ihnen zumindest Rückhalt und Zuflucht zugewähren. Wer sich die vielfältigen Kämpfe Karl Martells vor Augen hält, derenRegelmäßigkeit in damaligen Klosterannalen schon dazu führte, dasseigens vermerkt wurde, wenn in einem Jahr kein Feldzug stattfand, wirdes nicht schwer haben, dem Urteil beizupflichten, seine Herrschaft seieine "eiserne Zeit" für das regnum Francorum gewesen (E. Ewig). In derTat scheint an ihm nichts so sehr hervorzustechen wie die unbeugsameZähigkeit, mit der er zunächst den eigenen Aufstieg gegen alleWiderstände ertrotzte und dann die Vormacht seines Hauses in derFrancia sicherte, um schließlich weit über den Aktionsradius seinesVaters Pippin hinaus bis an die Grenzen des MEROWINGER-Reiches alleMachthaber zur Anerkennung seiner Überlegenheit zwang. Dabei blieb ersich offenbar stets bewußt, wieviel er der austrischen Klientel zuverdanken hatte, auf der seine Erfolge gründeten; er ließ sieregelmäßig am Gewinn teilhaben, der in nutzbaren Rechten undBesitzungen, in weltlichen und geistlichen Ämtern bestand, und gabihren Interessen - aller naiven Gottesfurcht zum Trotz - notfalls auchden Vorrang vor kirchlichen Belangen und Reformwünschen. In seinen Briefen von 739/40 titulierte der Papst Karl Martell als"Vizekönig" (subregulus) und spielte damit wohl auf dasstaatsrechtliche Novum an, dass der Hausmeier seit dem TodeTheuderichs IV. (737) ohne einen König im Hintergrund fungierte. Dabeikann Karl selbst am allerwenigsten zweifelhaft gewesen sein, dass erlängst über sämtliche königliche Vorrechte verfügte und an faktischerMacht alle MEROWINGER übertraf, die es seit 200 Jahren gegeben hatte.Auch seine zunehmende Vorliebe für die klassischen Königspfalzen imOise-Tal und die gewiß frühzeitig getroffene Entscheidung, die letzteRuhe nicht mehr im austrischen Metz oder auf dem Chevremont, sondernin der traditionsreichen Königsabtei Saint-Denis vor Paris finden zuwollen (wo zuletzt Chlodwig II. 657 bestattet worden war), spiegelnsein gesteigertes monarchisches Selbstgefühl, doch bleibt unsverborgen, wie er sich die Zukunft dieses persönlichen "Prinzipats"dachte. Die vereinzelte Nachricht, dass er seinen zweiten Sohn Pippinum 737 zum befreundeten (und kinderlosen) Langobarden-König Liutprandnach Italien schickte, der ihn nach der Sitte seines Volkes durcheigenhändiges Scheren des Haupthaares adoptierte, mag daraufhindeuten, dass er mit diesem nunmehrigen "Königssohn" Besonderesvorhatte. Andererseits ist durch ChildebrandsFredegar-Fortsetzung unddie Metzer Annalen einhellig überliefert, dass der seit 739 kränklicheHausmeier "nach dem Rat der Großen", vermutlich also auf der im Märzüblichen Heeresversammlung spätestens von 741, das Reich für die Zeitnach seinem Tod derart aufteilte, dass sein ältester Sohn KarlmannAustrien, Alemannien und Thüringen (ohne Bayern) und der nächsteBruder Pippin Neustrien, Burgund und Provence (ohne Aquitanien)beherrschen sollte. Dieser Erbregelung zugunsten der erwachsenen SöhneChrodtruds stehen Beobachtungen gegenüber, wonach gegen Ende von KarlsLebenszeit in seiner Umgebung eher eine "bayerische Partei" um seinezweite Gattin Swanahild dominierte. Ihr Verwandter, Herzog Odilo,hielt sich, anscheinend verdrängt von bayerischen Großen, 740/41 inder Francia auf und knüpfte damals seine Beziehungen zu Karls TochterHiltrud an, aus der ihr Sohn Tassilo III. - mit gut bezeugtemGeburtsjahr 741 - hervorging, übrigens ein Skandal, der noch zuLUDWIGS DES FROMMEN Zeiten in peinlicher Erinnerung war. Von dahergewinnt auch das widerwillige Eingeständnis der Metzer Annalenzusätzliches Gewicht, dem jungen Grifo aus Karls Ehe mit Swanahild seinachträglich auf Betreiben seiner Mutter, "eines ruchlosen Weibes",vom Vater ein Erbteil in Neuster, Auster und Burgund, also inmittendes Reiches, zuerkannt worden. Dies steht womöglich für nochweitergehende Zusagen, denn Swanahild und ihr Sohn, nicht aberKarlmann und Pippin wurden fünf Wochen vor Karls Tod in dessen letzterUrkunde als Zustimmende erwähnt, standen also bis zum Ende mit ihm insichtlichem Einvernehmen. Als der Hausmeier am 15. oder 22.10.741 inder Pfalz Quierzy dahinschied, hatte er zwar seiner Familie insgesamtdie Oberhand gesichert, aber wie sein Vater keine wirklich haltbarenVerfügungen über die künftige Machtverteilung getroffen. 1. oo Chrotrud um 690 - 725 2. oo Swanahild um 710- nach 741 Kinder: Pippin III. der Kleine 714-24.9.768 Karlmann um 707-17.8.754 Chiltrudis (Hiltrud) um 715- 754 oo Odilo Herzog von Bayern um 715- 748 2. Ehe Grifo um 726- 753 Illegitim von Nebenfrau Ruodhaid Bernhard vor 732- 787 Hieronymus - Remigius Bischof von Rouen (755-771) - 771 Aldana - oo Theoderich Graf von Autun - Literatur: ----------- Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum- Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998,Seite 3-22,24,26,39,41,79,89,255 - Biographien zur Weltgeschichte. VEBDeutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1989, Seite 282 - BorgolteMichael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischerZeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986,Seite 69,184 - Borgolte Michael: Geschichte der GrafschaftenAlemanniens in fränkischer Zeit.Vorträge und Forschungen Sonderband 31Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 25,34,41,43-47,77,199,246- Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn Felix: DieVölkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. VerlagHans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 437,460,462,464,479 - DeutscheGeschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des FeudalismusMitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der WissenschaftenBerlin 1982, Seite 282-284,286,287,290-292 - Diwald Helmut: Heinrichder Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe VerlagGmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 222 - Ehlers Joachim: DieKapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 20,60- Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seineWelt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 181,262 - Ennen, Edith: Frauenim Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 47,56 - EpperleinSiegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der WissenschaftenBerlin 1974, Seite 10,20,46,85,140,151 - Erbe Michael: Belgien,Niederlande, Luxemburg. Geschichte des niederländischen Raumes. W.Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1993, Seite 31,33 - Ewig Eugen:Die Merowinger und das Frankenreich. W. Kohlhammer GmbH StuttgartBerlin Köln 1988, Seite 186,194,200,205 - Geuenich, Dieter: Geschichteder Alemannen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1997, Seite105-107,159 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH,Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 12,46-54,57,59,66,69,72,104,115,132,144,217,317,322 - Hlawitschka, Eduard: KarlMartell, das Römische Konsulat und der Römische Senat. ZurInterpretation von Fredegarii continuatio cap. 22, in Stirps Regia vonEduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - NewYork - Paris, Seite 105-123 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und dasReich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton HiersemannStuttgart 1968, Seite

Quellenangaben

1 http://www.stirnet.com/HTML/genie/ancient/fh/franks2.htm#laon
2 http://www.stirnet.com/HTML/genie/ancient/fh/franks2.htm#link1
3 http://www.stirnet.com/HTML/genie/ancient/fh/franks2.htm#link1
4 http://www.stirnet.com/HTML/genie/ancient/fh/franks2.htm#link1

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